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Berlin: Nach Demo für Schwule: Haft in Polen

Seit einem Monat sitzt Berliner hinter Gittern

Mehr als einen Monat nach der Warschauer Homosexuellen-Parade sitzt der nach einer Rangelei festgenommene Berliner René K. noch immer in polnischer Untersuchungshaft. Von einem „klaren Politikum“ spricht Martin Seiler, der Sprecher vom Bündnis „Queer-Berlin“. Die lange U-Haft stehe „in keinem Verhältnis“ zu den Vorwürfen: „An René soll ein Exempel statuiert werden: Seine Inhaftierung dient als Wink mit dem Zaunpfahl, dass sich ausländische Homosexuelle in Polen besser nicht einmischen sollten.“

Gemeinsam mit mehreren hundert Demonstranten aus Berlin hatte der 24-jährige Kreuzberger René K. am 10. Juni aus Solidarität mit der bedrängten homosexuellen Minderheit Polens an der jährlichen Schwulen-Parade in Warschau teilgenommen. Bis auf einzelne Eier- und Steinwürfe von Rechtsextremen war die von 2000 Polizisten geschützte Parade relativ friedlich verlaufen. Bei der Abschlusskundgebung kam es jedoch zu einer kurzen, handgreiflichen Auseinandersetzung von Demonstranten und Gegendemonstranten, bei der offenbar auch ein Polizistenhelm zu Bruch ging. Festgenommen wurde danach René K., dem die Staatsanwaltschaft einen „Angriff auf Polizeifunktionäre mit gefährlichen Instrumenten“ sowie „Drogenbesitz“ vorwirft. Sollte der Berliner vor Gericht schuldig gesprochen werden, droht ihm nach Angaben seines Warschauer Anwalts nach polnischem Recht eine mehrjährige Haftstrafe.

Laut Seiler bestreitet René K. jedoch die von den Polizisten bezeugten Vorwürfe. K. sei lediglich einer der Umstehenden gewesen und habe keineswegs wie behauptet vier Beamte mit Reizgas und Schlagstock angegriffen. Der Vorwurf, dass sich in seiner Kleidung Drogenspuren gefunden hätten, solle nur der Rechtfertigung seiner „ungerechtfertigt langen“ Untersuchungshaft dienen.

Die Warschauer Staatsanwaltschaft weist die Vorwürfe einer nicht rechtsstaatlichen Behandlung von René K. zurück. Auf Beschluss des zuständigen Gerichts sei die Untersuchungshaft auf drei Monate festgelegt worden. Wie in Polens Strafrecht vorgesehen, sei dem in einer Fünf-Personen-Zelle einsitzenden Häftling eine angebrachte medizinische und psychologische Betreuung garantiert. Alle Besuchswünsche der Angehörigen von René K. seien positiv beschieden und der Kontakt mit einem Anwalt „im schnellstmöglichen Zeitraum“ ermöglicht worden.

Thomas Roser, Warschau

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