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Christopher Lauer, Fraktionschef der Berliner Piraten.

© dpa

Nach der Krise: Verspätete Piraten müssen jetzt in die Klassenkasse zahlen

Machtkampf und Sabotage sollen ein Ende haben. Die Piraten haben deshalb jetzt eine Reihe von Benimmregeln beschlossen - schließlich wollen sie nach der nächsten Wahl in die Regierung

„Wir machen nicht gegenseitig unsere Arbeit schlecht.“ „Wir können miteinander ernsthaft über unsere Arbeit reden.“ „Wir sabotieren einander nicht.“ Grundsätze wie diese sind in der parlamentarischen Arbeit der Piraten offensichtlich nicht selbstverständlich. Am Mittwoch veröffentlichte die Fraktion eine Liste mit insgesamt 17 derartigen Punkten. Sie ist das Ergebnis der Aussprachen nach einer heftigen internen Krise.

Fraktionschef Christopher Lauer hatte öffentlich gemacht, gegen ihn würden gezielt Gerüchte der Vetternwirtschaft gestreut. Er zeichnete auf einer Pressekonferenz ein desaströses Bild der Stimmung in der Fraktion und kündigte an, einen Denunzianten in den eigenen Reihen aufspüren zu wollen. Eine Rolle in der Affäre spielte Fraktionssprecherin Chris Linke. Ihre Tochter ist persönliche Mitarbeiterin der Abgeordneten Susanne Graf und zudem mit Lauer liiert – die beiden kamen sich allerdings erst näher, als die Arbeitsverhältnisse sowohl der Tochter als auch von Chris Linke bereits bestanden. Kurz nach Lauers Pressekonferenz wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Bonn gegen Linke in anderem Zusammenhang wegen des Verdachts auf Bestechung ermittelt. Lauer stützte sie daraufhin öffentlich.

Mit der nun veröffentlichten Liste geben die Piraten im Nachhinein einen Einblick in die große Aussprache, die sie in der vergangenen Woche unter Ausschluss der Öffentlichkeit führten. Dabei klingt Selbstkritik durch: „Wir schaffen Grundlagen dafür, dass der Landesverband beim nächsten Mal mit einem besseren Programm und einer besseren Liste antreten kann“, schreiben sie. „Wir sind pünktlich“, nehmen sich die Piraten zudem in bestem Klassenordnungsdeutsch vor. Unentschuldigte Zuspätkommer zahlen künftig einen Euro pro Minute in eine Gemeinschaftskasse.

Außerdem gibt es eine persönliche Erklärung, die die Fraktionsmitglieder freiwillig unterzeichnen können, aber nicht müssen. Darin heißt es unter anderem: „Ich erkläre allen Mitgliedern der Fraktion (auch Nichtunterzeichnern) gegenüber meine Solidarität.“ Auch kann, wer mag, kundtun, künftig Auseinandersetzungen über das Verhalten anderer Fraktionsmitglieder nicht öffentlich zu führen.

Was die möglichen Erfolge der neuen Umgangskultur betrifft, sind die Piraten übrigens optimistisch: Sie streben eine Wiederwahl ins Abgeordnetenhaus an – und zwar „mit dem Ziel der Regierungsbeteiligung“. Karin Christmann

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