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Herr und Hund. Für so manchen Halter sind die Vorschriften über Verwendung von Leine und Maulkorb für ihre Tiere mehr als nebulös. Eine neue Regelung soll jetzt Klarheit schaffen.

© ddp

Nach neuer Beißattacke: Leinenzwang für alle Hunde?

Die rot-schwarze Koalition will Berlins Hundegesetz verschärfen. Das könnte dazu führen, dass künftig alle Hunde an die Leine müssen. Und auch auf die Halter könnten neue Pflichten zukommen.

Der Vorfall ist schockierend – und er wird das Vorhaben der rot-schwarzen Koalition, Berlins Hundegesetz zu verschärfen, gewiss beschleunigen. Wie berichtet, hat ein unangeleinter Schäferhund am Montag in Mariendorf eine Mutter mit ihren drei Kindern angefallen und die Ein-, Fünf- und Achtjährigen mit Bissen verletzt. Solche Attacken von Hunden, die von ihren Haltern nicht beherrscht werden, wollen SPD und CDU voraussichtlich durch eine erhebliche ausgeweitete Leinenpflicht und die Einführung eines Hundeführerscheins in Zukunft verhindern. Wie sich das am besten regeln lässt, erarbeitet schon seit längerem eine Gruppe der bezirklichen Amtsveterinäre. Bis zum Sommer 2012 soll deren Konzept fertig vorliegen und dann die Grundlage für Gesetzesänderungen sein. Schon jetzt zeichnen sich gravierende Neuerungen für Hundebesitzer ab.

Die Amtsveterinäre der Bezirke sind alltäglich mit aggressiven Hunden konfrontiert und müssen diese begutachten. Folglich bringen sie die meiste Erfahrung in die Diskussion über ein novelliertes Hundegesetz ein. Nach dem seit 2004/05 gültigen Gesetz „über das Halten und Führen von Hunden“ muss ihnen zum einen jeder neu angeschaffte Hund vorgeführt werden, der zu den zehn in einer Liste als gefährlich angesehenen Kampfhunderassen gehört und deshalb nicht ohne Leine und Maulkorb ausgeführt werden darf. Zusätzlich bekommen sie aber auch jedes Tier zu sehen, egal von welcher Rasse, das sich auffällig verhalten hat und angezeigt wurde. Dafür reicht schon heftiges Anspringen.

Aufgrund dieser Eindrücke will die AG der Bezirksveterinäre nun nach Auskunft der Veterinärin von Steglitz-Zehlendorf, Gunhild Maaß, „durch eine neue differenziertere Herangehensweise mehr Sicherheit schaffen“. Dabei richten die Tierärzte ihr Augenmerk verstärkt auf den offensichtlich unfähigen Halter und nicht mehr auf den Hund. Und sie halten es für sinnvoller, jedes Tier eher individuell zu bewerten, anstatt nur einzelne Rassen als pauschal gefährlich einzustufen. „Der eine Schäferhund kann friedfertig, der andere aggressiv sein. Das gibt es aber auch bei Kampfhunden“, sagt Gunhild Maaß. Die Kampfhundeliste soll gleichwohl bestehen bleiben.

Lesen Sie auf Seite 2, warum ein Leinenzwang für alle Hunde tatsächlich kommen könnte.

Nach einem Modell, das derzeit auch in Nordrhein-Westfalen erwogen wird, arbeiten die Veterinäre aber folgende neue Regelung aus: Nahezu für jeden Hund in Berlin, „ausgenommen für ganz Kleine“, soll erst einmal grundsätzlich die Leinenpflicht gelten. Vom Zwang, ihren Liebling kurz zu halten, können sich die Halter aber befreien, in dem sie bei einer anerkannten Hundeschule mit ihrem Tier Kurse belegen und einen Hundeführerschein erwerben. Welche Schulen eine Lizenz erhalten und wie sich alles kontrollieren lässt, dies gehört zu den vielen Details, die noch geklärt werden müssen. Der Vize-Fraktionschef der CDU, Mario Czaja, begrüßt den Plan. Die Initiative der Veterinäre komme der Koalition gerade recht. „Wir werden darauf aufbauen.“

Nach dem geltenden Gesetz müssen Hunde, die nicht zu den „gefährlichen Rassen“ gehören, nur in Parks, Wäldern, Treppenhäusern, in Bussen und Bahnen sowie „auf Straßen und Plätzen mit Menschenansammlungen“ angeleint werden. Ansonsten müssen sie nur mit einem Chip versehen und haftpflichtversichert sein.

Die Allianz-Versicherung betonte am Dienstag, „wie unabdingbar die Hundehaftpflicht ist“. Wer seinen Hund unversichert lasse, riskiere nicht nur Bußgelder, sondern „den finanziellen Ruin.“ Nach einer Bissattacke wie in Mariendorf „holen sich die Krankenkassen das Geld für medizinische Behandlungen vom Hundehalter zurück“, sagte Allianz-Sprecherin Sabine Schaffrath. Schnell würden „hohe fünfstellige Zahlen erreicht“. Deshalb werden Hunde in der Regel mit Deckungssummen von bis zu zehn Millionen Euro versichert.

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