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Berlin: Nach Strich und Farben

Kirchner, Kollwitz, Liebermann: Das Stadtmuseum besitzt sie alle. Einige Gemälde sind nun auf Reisen

Der Maler Max Liebermann hatte ein Problem. „Badende Jungen“ – sein Bild von der holländischen Küste, im Sommer 1899 im Urlaubsort Zandvoort skizziert und den Winter über im Berliner Atelier am Pariser Platz gemalt, war überaus gelungen. Stellte er es bei den Secessionisten an der Kantstraße 12 aus, war ihm große Aufmerksamkeit sicher. Andererseits hatte Hugo von Tschudi, Direktor der Nationalgalerie, Interesse an einem Ankauf gezeigt, der aber von der Zustimmung des Kaisers abhängig war. Und Wilhelm II. war nun mal erklärter Gegner des impressionistischen Stils, wie er in der Secession gepflegt wurde.

Aus dem Ankauf wurde nichts, denn Liebermann entschied sich doch für die Ausstellung an der Kantstraße. Das Gemälde blieb der Stadt dennoch erhalten und befindet sich heute im Besitz der Stiftung Stadtmuseum Berlin, normalerweise ausgestellt im Märkischen Museum. Momentan allerdings müssen die Kunstfreunde auf die „Badenden Jungen“ verzichten und auf etwa 100 weitere Werke aus dem Stadtmuseum ebenfalls. Der von Wilhelm II. so verachteten Berliner Secession ist im Museum Singer Laren in Holland eine jüngst eröffnete Ausstellung gewidmet, die – wie es in der Einladung zur Vernissage hieß – „mit der Atmosphäre der berühmten Weltstadt Berlin rund um die Jahrhundertwende“ bekannt machen will. Das Titelbild des Katalogs zeigt den von Ernst Ludwig Kirchner 1912 gemalten Nollendorfplatz. Beim Blättern stößt man auf weitere Berliner Kunstpreziosen wie Feiningers „Gasreservoir in Berlin-Schöneberg“, Leistikows „Abendstimmung am Schlachtensee“, Ludwig Meidners „U-Bahn-Bau in Berlin Wilmersdorf“ oder auch Werke von Edvard Munch, Käthe Kollwitz, Max Slevogt, Lesser Ury und selbstverständlich Heinrich Zille. Eine gut sortierte Ausstellung – und doch nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Kunst-Fundus des Stadtmuseums, wie der von Dominik Bartmann, dem für Bildende Kunst zuständigen Abteilungsdirektor, jetzt vorgelegte Bestandskatalog „Gemälde II“ zeigt.

Der Ort ist für die Ausstellung gut gewählt, hatte doch Laren einige Bedeutung für die Kunststadt Berlin. Schlüsselfigur ist wieder Liebermann. In dem Dorf Laren hatte sich Ende des 19. Jahrhunderts eine Künstlerkolonie, vergleichbar dem norddeutschen Worpswede, gebildet. Auch Max Liebermann wurde während seiner regelmäßigen Sommerreisen an die holländische Küste von dem südöstlich Amsterdams gelegenen Ort angelockt. Dort malte er 1887, noch in einem eher realistischen als impressionistischen Stil, das Bild „Flachsscheuer in Laren“. Es gilt als eines seiner wichtigsten und bekanntesten Werke und hängt in der Alten Nationalgalerie.

Heute bestimmen Larens Ortsbild nicht mehr die Stätten eines einfachen bäuerischen Lebens, das die Künstler um 1900 so reizte. Eher sind es Wochenendvillen, Ateliers und Galerien. Dennoch ist die künstlerische Tradition dort lebendig, verkörpert vor allem durch das Museum. Nicht nur Künstler aus dem alten Europa folgten einst dem Ruf von Laren. Sogar bis nach Pittsburgh, Pennsylvania, drang die Kunde und lockte auch William Singer an, den kunstbegeisterten Erben einer Stahlfirma mit begrenztem malerischen Talent, aber vielen Dollars in der Tasche. Gemeinsam mit seiner Frau Anna ließ er sich in Laren nieder, nach seinem Tod gründete die Witwe eine Stiftung. Aus ihr entstand das heutige Museum.

„Berliner Secession. Schilders van Berlin 1888 – 1918“, Museum Singer Laren in Holland, bis 24. April 2005. (Näheres unter www.singerlaren.nl); Stiftung Stadtmuseum Berlin: Gemälde II. Verzeichnis des Bestandes vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1945. Erhältlich im Ephraimpalais, Poststraße 16, und im Märkischen Museum, Am Köllnischen Park 5, für 39 Euro.

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