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Der Angeklagte Mario K. verdeckt mit einem Hefter sein Gesicht. Das Bild ist von Prozessbeginn Anfang Mai.

© dpa

Nach Tagesspiegel-Recherche zu Maskenmann-Fall: Das Gericht kann nicht sofort auf Enthüllungen reagieren

Trotz der Taggesspiegel-Recherchen, die weiter Zweifel an der Schuld des Täters schüren, nimmt das Gericht nicht erneut Beweise auf. Das geht aber auch gar nicht so einfach. Ein Überblick aus juristischer Sicht.

Ein möglicherweise Unschuldiger vor Gericht – in dieser Situation erwartet die Öffentlichkeit, dass ein Gericht sofort umsteuert und die neuen Tatsachen unter die Lupe nimmt. Doch so einfach und vor allem: so schnell geht es nicht. Die Staatsanwaltschaft hält die Schuld des Angeklagten für erwiesen, das Gericht eine Verurteilung nach Aktenlage – also vor der Beweisaufnahme – für überwiegend wahrscheinlich, sonst hätte es den Prozess nicht eröffnen dürfen.

Fest steht nur, dass die Richter aus ihrer Sicht das Nötige „zur Erforschung der Wahrheit“ getan hatten, denn sie sind laut Gesetz dazu verpflichtet, die Beweisaufnahme „vom Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind“. Das hatten sie erledigt, sonst hätten sie die Beweisaufnahme nicht schließen und zu den Plädoyers übergehen dürfen. Richter haben also eine Aufklärungspflicht, im Hinblick auf den Schuldvorwurf und den ihm zugrunde liegenden Sachverhalt. Sie sind nicht dazu berufen, liegen gelassene Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft nachzuholen. Allerdings werden auch die Richter im Prozess gegen den „Maskenmanndie neuen Hinweise zur Kenntnis genommen haben. Begründen sie Zweifel an der Schuld von Mario K., kann das Gericht von sich aus erneut in die Beweisaufnahme eintreten. Möglicherweise ist das Gericht ohnedies entschieden, ihn freizusprechen. Möglicherweise ist das Gericht aber auch, trotz der Tagesspiegel-Berichte, bereits von dessen Schuld überzeugt.

Mario K.’s Verteidiger erwägt nun einen „Hilfsbeweisantrag“ mit Blick auf die bekannt gewordenen Fakten, der nur greifen soll, falls das Gericht nicht zu dem von ihm erstrebten Freispruch gelangt. Ein solcher Antrag müsste erst mit den Urteilsgründen beschieden werden. Der Anwalt könnte sein Beweisanliegen auch als „normalen“ Antrag stellen, dann müsste sich das Gericht noch vor dem Urteil dazu erklären. Mit dem Antrag wird das Gericht zur Beweiserhebung verpflichtet – ablehnen darf es ihn nur in bestimmten Fällen, etwa, wenn es ihn für überflüssig hält.

Unsere ausführliche Exklusiv-Recherche mit neuen Indizien und Widersprüchen im Maskenmann-Prozess finden Sie hier.

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