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Berlin: Nach und nach zum besseren Ruf

Im Wrangelkiez geht es aufwärts – und die Migranten werden eingebunden

„Imece“ ist türkisch und bedeutet Gemeinschaftsaktion. „Imece“ heißt auch das Programm, das das Quartiersmanagement (QM) Wrangelkiez auf den Weg gebracht hat, um die türkischsprachige Bevölkerung zu gewinnen. So schwerfällig die deutsche Übersetzung im Vergleich zum türkischen Begriff klingt, so war auch die Arbeit. „Das kostete Schweiß“, sagt Emine Basaran. Die 36-Jährige ist seit dem Jahr 2000 Quartiersmanagerin in dem Kreuzberger Kiez um die Wrangelstraße. Die Arbeit ihres dreiköpfigen Teams gilt unter den 33 QM-Gebieten in Berlin als erfolgreich – und „Imece“ als nachahmenswertes Projekt.

Der jüngste Sozialatlas bezeichnet das Quartier um die Wiener Straße, zu dem auch der Wrangelkiez gehört, als aufstrebendes Viertel, obwohl es immer noch auf Platz 258 von 319 landete. Zur positiven Prognose gab vor allem der Rückgang der Arbeitslosigkeit Anlass. Der Anteil der Arbeitslosen unter den 18- bis 60-Jährigen sank zwischen 2001 und 2006 von 21 auf 14 Prozent, allein im Jahr 2006 von 18 auf 14 Prozent. Selbst der Anteil an Langzeitarbeitlosen sank von 9,2 auf 5,5 Prozent. Auch die Jugendarbeitlosigkeit ging stark zurück. Diese Entwicklung sei allerdings nicht nur auf die Aktivitäten der Quartiersmanager zurückzuführen, heißt es in der Sozialverwaltung, sondern auch auf die Ansiedlung von Unternehmen wie Universal in der Nähe. Und darauf, dass immer mehr Studenten in dem Viertel ausgehen und dort wohnen wollen. Dadurch hätten neue Kneipen aufgemacht, die Mischung der Anwohner habe sich verbessert. Dennoch gehen die Kiezmanager immer noch von einer Arbeitslosigkeit von 30 Prozent im Wrangelkiez aus.

Als sie 1999 ihre Arbeit aufnahmen, stießen sie vor allem auf ein Problem: Die Migranten beteiligten sich kaum an Projekten. Immerhin haben 35 Prozent der Bewohner im Viertel keinen deutschen Pass, die meisten von ihnen sind Türken. Dazu kommt eine unbekannte Zahl von Menschen mit Migrationshintergrund.

2003 sollte „Imece“ diese Gruppe einbeziehen. Mitarbeiter gingen auf Türken zu und sprachen sie auf Türkisch an. Denn die Leute würden sich schon einbringen wollen, sie wüssten nur nicht wie, sagt Basaran. Da die Migranten nicht kamen, ging das Quartiersmanagement eben zu den Migranten. Durch den Kontakt sind beispielsweise ein Elterncafé und ein Frauentreff entstanden. Und die Erfolge seien sichtbar. „Im Elterncafé sind die Eltern selbstbewusster geworden, so dass sie in den Schulgremien ihre Interessen besser vertreten können.“ Das hätten sie sich vorher oft nicht getraut.

Die Quartiersmanager sind ständig dabei, etwas aufzubauen – Vertrauen, Netzwerke, Projekte. Ihr Ziel ist es, Strukturen zu hinterlassen, die sich irgendwann einmal selbst tragen. Basarans Vertrag läuft bis 2009. Kaum ein Quartiersmanagement kann auf so eine Kontinuität zurückblicken. 240 Projekte wurden aus den Mitteln bisher finanziert.

In der Falckensteinstraße zum Beispiel wurde ein Spielplatz gebaut. Es gibt Sitzbänke, die Spielgeräte sind neu. Hier sollen sich die Generationen treffen. An der Straße ist ein Seniorentreff, hinter dem Häuserriegel liegen sich ein Mädchenzentrum und eine Kita gegenüber. Auch das Mädchenzentrum wurde aus Mitteln des Quartiersmanagements bezahlt. „Es war eine echte Herausforderung, einen Platz für drei Generationen zu gestalten“, sagt Basaran. Vor allem Kita-Kinder und Senioren treffen sich hier seitdem.

Die Erwartungen an die Quartiersmanager seien oft zu hoch, sagt Emine Basaran. Doch die Erfolge im Wrangelkiez seien sichtbar – wenn auch kaum messbar. „Das Image des Kiezes hat sich insgesamt gebessert. Mehr Leute bringen sich aktiv ein, es bilden sich Netzwerke.“ mj

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