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Grausige Gestalten. Die „Weiße Frau“ und ein Pestkranker tummeln sich für den „Berlin Dungeon“ am Brandenburger Tor. Foto: Davids

© DAVIDS

Neue Attraktion "Berlin Dungeon": Totentanz in Mitte

Was machen ein Pestopfer und ein Folterknecht in der Innenstadt? Na klar: Touristen erschrecken! Im Frühjahr eröffnet das „Berlin Dungeon“ - und erzählt Geschichten von Geistern und Mördern in Berlin.

Bleiches Gesicht, weißes Hochzeitskleid: es ist eine Kreatur aus der Vergangenheit, die Alexander am Freitag vor dem Brandenburger Tor in Mitte anstarrt. Was Alexander, der zu Besuch in der Stadt ist, nicht weiß: Er wird innerhalb der nächsten Tage sterben. So sagt es jedenfalls die Legende. Denn wem die Weiße Frau erscheint, hat nicht mehr lange zu leben. 1598 wurde der Geist angeblich erstmals im Berliner Stadtschloss gesichtet – acht Tage bevor Johann Georg, hohenzollerischer Kurfürst der Mark Brandenburg, starb. Ähnliche unheilvolle Geschichten wiederholen sich bis 1940 in der Stadt. Auch an anderen Orten in Deutschland tauchte die Weiße Frau auf.

Trotzdem kann Alexander weiter ruhig schlafen. Die Weiße Frau und ihre Kumpanen, ein Pestopfer und ein Folterknecht mitsamt Folterwagen, sind professionelle Schauspieler, die dicken Eiterbeulen und blutigen Narben im Gesicht nur geschminkt. Auf dem Pariser Platz warben sie zwischen als NVA-Soldaten verkleideten Fotomotiven und demonstrierenden Asylbewerbern für den „Berlin Dungeon“. Die 2500 Quadratmeter große Touristenattraktion soll im Frühjahr an der Spandauer Straße 2 zwischen Hackeschem Markt und Alexanderplatz eröffnen. 15 Millionen Euro investiert die britische Merlin Entertainments Group, die in Berlin auch das Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds, das Legoland und das Sea Life betreibt.

Im Dungeon, was soviel heißt wie „Verlies“, begeben sich die Besucher auf einem Rundgang durch neun historisch hergerichtete Räume. 30 Schauspieler nehmen sie mit auf eine Reise durch 700 Jahre gruselige Berliner Geschichte, vom 13. bis 19. Jahrhundert. Die Besucher begegnen an der Pest erkrankten Berlinern, dem Geist der Weißen Frau, der durch die Katakomben des Stadtschlosses spukt, und dem Serienmörder und Vergewaltiger Carl Großmann. Der Fleischer hat Anfang des 20. Jahrhunderts mehrere Frauen, meist Prostituierte, bestialisch ermordet. Angesprochen hatte er seine Opfer offenbar rund um den einstigen Andreasplatz in Friedrichshain. 23 zerstückelte Frauenleichen wurden zwischen 1918 bis 1921 im Engelbecken in Kreuzberg und rund um den heutigen Ostbahnhof gefunden. Es wird vermutet, dass Großmann für das Verschwinden von 100 Mädchen verantwortlich war. 1921 wurde er auf frischer Tat ertappt. Der Polizei gestand er lediglich drei Morde, nahm sich dann das Leben. „Gerüchte besagen, dass Großmann seine Opfer zu Wurst verarbeitet hat“, sagt Nina-Kristin Zerbe, Sprecherin der Merlin Entertainments Group.

Im Dungeon sollen die Besucher aber nicht verängstigt werden. „Es geht nicht um’s Erschrecken“, sagt Zerbe, „es geht um die Geschichte Berlins.“ So will man sich auch vom Gruselkabinett am Anhalter Bahnhof unterscheiden. Die Geschichte habe sich in einem Radius von 1500 Metern um die Spandauer Straße abgespielt. „Die Besucher können sich die Orte danach auf einem Spaziergang angucken“, sagt Zerbe. Das erste Dungeon eröffnete 1975 in London, mittlerweile gibt es die gruselige Geschichtsstunde in Edinburgh, Amsterdam und Hamburg, acht Städte sind es insgesamt. In der Spandauer Straße werden die Räume bereits umgebaut, bald sollen die Schauspieler gecastet werden. Zerbe kündigt auch ein „Fahrgeschäft“ an, mehr will sie nicht verraten. Nur: Anders als in den weiteren Dungeons soll es sein. In Hamburg gibt es einen in die Tiefe stürzenden Fahrstuhl. Die 12 Millionen Zuschauer in drei Jahren, die in Hamburg Eintritt bezahlten, will Zerbe in Berlin toppen. Was der Gruselspaß kosten soll, ist noch unklar.

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