zum Hauptinhalt
Bei Gericht stapeln sich die Akten.

© dpa

Sozialgericht überlastet: Zigtausend Hartz-IV-Empfänger klagen

Auch 2011 wurde das Berliner Sozialgericht mit Klagen überhäuft. Die meisten kommen von Hartz-IV-Empfängern. Die Richter sind total überfordert. Und sauer: Denn vier von fünf Klagen lassen sich auch ohne Prozess regeln.

Von Sandra Dassler

Auch im Jahr 2011 blieb die Zahl der beim Berliner Sozialgericht eingereichten Klagen auf Rekordniveau, wie Gerichtssprecher Marcus Howe am Dienstag sagte: „70 Prozent der Klagen beziehen sich auf den so genannten Hartz-IV-Bereich, bei den weitaus meisten geht es um die Kosten der Unterkunft, also Streitigkeiten um die Übernahme oder die Höhe von Mietzahlungen durch die Jobcenter.“

43 951 Klagen wurden im Jahr 2010 eingereicht, 2011 dürften es nicht weniger gewesen sein. Die genauen Zahlen wird das Sozialgericht in der kommenden Woche bekannt geben. Seit Einführung von Hartz IV haben sich die Klagen verdoppelt: Im Jahr 2005 waren es nur 22 587. Verdoppelt hat sich deshalb auch die Zahl der Berliner Sozialrichter, doch die müssen nicht nur die neuen, sondern auch die etwa 40 000 offenen Verfahren bearbeiten. Ähnlich angespannt ist die Situation in Brandenburg, wo 2011 rund 24 000 neue Klagen eingingen.

Der Sprecher des Berliner Sozialgerichts Marcus Howe.

© dpa

Als besonders ärgerlich empfinden es die Juristen, dass am Ende nur 20 Prozent der Klagen durch die Gerichte entschieden werden, die restlichen 80 Prozent lassen sich durch Vermittlung zwischen Klägern und den jeweiligen Jobcentern beilegen – ohne dass es zu Prozessen kommt. Mit etwas gutem Willen könnte man also einen großen Teil der Klagen vermeiden. Berlins Sozialgerichtspräsidentin Sabine Schudoma hatte schon vor einem Jahr vergeblich gefordert, die 2006 vom Bund abgeschaffte Gerichtsgebühr für Jobcenter in Höhe von 150 Euro wieder einzuführen.

Dann bestünde für diese ein höherer Anreiz, Klagen selbst im Vorfeld zu vermeiden. Die Politik habe diese Forderung aber leider nicht aufgegriffen, hieß es am Dienstag aus Juristenkreisen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false