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Neue Luxuswohnungen: Ein bisschen Starck neben Brecht

Am Zirkus neben dem Berliner Ensemble entsteht ein durchgestylter Neubau. Bis zu 10.000 Euro sollen die Wohnungen kosten - pro Quadratmeter. An Abnehmern scheint es nicht zu mangeln.

Architekt Eike Becker trägt einen lilafarbenen Mantel aus Samt, darunter einen schwarzen Anzug mit purpurnen Längsstreifen. Lila scheint die Farbe der Saison zu sein, denn auch am Schal von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher ist sie zu finden. Über den roten Teppich schreiten die beiden am Donnerstag zusammen mit Designern und Projektentwicklern, in Anzuganthrazit gehüllt, zur Grube des lange verzögerten Neubaus „yoo“ am Zirkus 1. Bereits vor zwei Jahren sollte die Lücke in bester Lage neben dem Berliner Ensemble geschlossen werden. Jetzt gehen die Bagger wirklich zu Werke, vis-à-vis des skandalumwitterten Spreedreiecks.

Am Zirkus heißt die Adresse, weil hier im Jahr 1895 der Zirkus Schumann seinen Platz hatte. Später übernahm Max Reinhardt das ursprünglich als Markthalle gebaute Haus. Zu DDR-Zeiten löste Varieté die hohe Kunst ab: Hier war der Sitz des Friedrichstadtpalastes, bis Grundwasser die Keller flutete, als der Charité-Neubau entstand. Der Abriss folgte, vor genau 25 Jahren – nun also der Neubeginn: Fast 12.300 Quadratmeter für Luxuswohnungen zu Preisen bis 10.000 Euro pro Quadratmeter, ein Hotel der israelischen „Fattal“-Gruppe und Büros. Kostenpunkt: 140 Millionen Euro.

Knapp ein Drittel der 87 Wohnungen sind verkauft. „Fast alle Käufer nutzen Elemente aus dem Philipp-Starck-Design, aber kaum jemand alles“, sagt Thomas Wolfensberger. Er ist der Chef des in Zürich ansässigen Bauträgers mit dem fröhlichen Namen „Peach Property“. In Berlin verbündet der sich mit einer Firma, die einen in der Branche nicht minder ungewöhnlichen Namen trägt: „yoo“. Dessen Chef John Hitchcox strahlt die für Firmengründer typische Nonchalance aus, gepaart mit britischer Selbstironie: „Ich könnte mich länger ausbreiten als Fidel Castro“, sagt er. Da hatte der frühere Immobilienentwickler von seinen Begegnungen mit dem Franzosen Philippe Starck berichtet. Und wie er den zaudernden Stardesigner von seiner Idee überzeugte, das Interieur zu den Luxuswohnungen gleich mitzuliefern. Das ist zwölf Jahre und viele Projekte her. Zurzeit arbeitet das Team, dessen Glanz seit vier Jahren mit der modelnden Stones-Tochter Jade Jagger aufpoliert wurde, an 45 Vorhaben in 27 Ländern.

Und wie ist das Yoo-Design? Kronleuchter aus mattem silbergrau. Teppiche mit Zebramuster. Eine schwarze Ledercouch neben einer antikisierenden Fußbank. Blasses gelb-grün an den Wänden – und an den Aufsätzen aus Glas in der Küche aus Edelstahl. Und in der Musterwohnung am Zirkus ist auch noch Platz für den „Cloud Chair“ von Charles und Ray Eames. Sachlichkeit und Ornament, Barock und Moderne – das globale Allerlei hält Einzug in Berlin.

Senatsbaudirektorin Lüscher freut sich vor allem darüber, „dass sich zeitgenössische Architektur“ durchgesetzt hat. Was vom Brecht-Theater zu sehen ist, wenn der „Kristall-Berg“ steht? Wen kümmert’s, hätte Brecht vielleicht gesagt und sich selbst zitiert: „Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm!“

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