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Warten neu geordnet. In der Lageso-Außenstelle in der Bundesallee können Asylsuchende jetzt auf Bänken aus dem BER Platz nehmen – und sitzen im Warmen.

© DAVIDS/Sven Darmer

Flüchtlinge in Berlin: Neue Registrierungsstelle bringt Entlastung

Ein neues Konzept und der Lageso-Standort an der Bundesallee entspannen die Lage an der Turmstraße in Moabit spürbar - vorerst zumindest.

Die Wartesituation für Flüchtlinge, die sich in Berlin registrieren lassen wollen, hat sich am Donnerstag erstmals verbessert. Statt wochen-, tage- und stundenlang zwischen Pfützen und Schlamm in Kälte und Regen vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Moabit ausharren zu müssen, konnten sich am Premierentag des neuen Erstaufnahmeprozederes hunderte Asylbewerber in warmen Zelten anstellen. Nach der Kurzregistrierung brachten zwei Bus-Shuttles 114 Menschen zur neuen Zentralstelle an der Bundesallee in Wilmersdorf, wo sie von Polizisten beschützt hinter Absperrgittern in die alte Landesbank liefen.

Ein junger Syrer macht den Anfang

Die Menschen wurden noch am Donnerstag registriert, ihre Anträge bearbeitet, teilte die Sozialverwaltung mit. Die Flüchtlinge sollten im Anschluss auf mehrere Unterkünfte verteilt werden. In der Bundesallee gab es auch Lunchpakete. Als Premierengast durchlief ein 18-jähriger Syrer das gesamte Verfahren – er wurde noch gestern als Asylsuchender registriert und als Flüchtling nach Asylgesetz anerkannt. Dann berieten ihn Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit.

Diese Bändchen sind für die Flüchtlinge die Eintrittskarte zum Asylverfahren in der Bundesallee.
Diese Bändchen sind für die Flüchtlinge die Eintrittskarte zum Asylverfahren in der Bundesallee.

© Annette Kögel

Pirat Martin Delius lobt und mahnt

Der erste Bus hatte kurz vor 10 Uhr 57 Menschen von der Turmstraße zur Bundesallee gebracht, dort nahmen sie auf den BER-Sitzen Platz. In einer Ecke versorgten zwei Ärzte und vier Schwestern der Charité in einer kleinen Krankenstation Bedürftige. In einem anderen mit Flatterband abgetrenntem Bereich soll eine Kinderspielecke entstehen. Im Vergleich zur Turmstraße sei das „luxuriös“, sagt Martin Delius, Fraktionsvorsitzender der Piraten im Abgeordnetenhaus. „Aber wenn mehrere hundert Menschen jeden Tag ankommen, wird es hier auch kritisch“, vermutet er.

Helfer werden immer gebraucht

Delius war mit Vertretern von Hilfsinitiativen da, die er unterstützt. Im Vorfeld war diesen von Behördenseite beschieden worden, man brauche ihre Hilfe nicht. Am Donnerstag, vor Ort, sieht das anders aus. Die Mitarbeiter seien „sehr aufgeschlossen“, sagt Delius, „wir konnten besprechen, wo die Hilfsbündnisse mit eingebunden werden könnten“. Das „eigentliche Problem“ sei, „dass wir in Berlin viel zu wenig Personal zur Registrierung haben“.

Vor der neuen Lageso-Stelle in Wilmersdorf versuchten gestern nur vereinzelt Flüchtlinge in Begleitung von Berliner Verwandten, ohne Bändchen-Zugang Einlass zu bekommen. Wachschützer verwehrten den. Noch vor acht Uhr hatten die ersten Sachbearbeiterinnen, einige samt Akten in Rollkoffern, die neue Arbeitsstelle betreten. „Der Probelauf hatte schon geklappt, wir sind optimistisch“, hatte eine Frau gesagt.

Kurzregistrierung an der Turmstraße

Die Neuankömmlinge waren zuvor vorm Lageso zunächst in das beheizte Wartezelt an der Turmstraße gelotst worden. Viele setzten sich auf den Boden. Im zweiten Zelt hatten dann zehn Mitarbeiter, unterstützt von 15 Sprachmittlern, die Personal- und Kontaktdaten der Neuankömmlinge aufgenommen und mit Plastikfolie beschichtete Papierbändchen vergeben, auf die sie mit Stift eine Registriernummer schrieben. Nur mit so einem Band kommt man zur Registrierung in die alte Landesbank hinein. Entsprechend der fortlaufenden Nummern am Handgelenk sollen Flüchtlinge, in Gruppen eingeteilt, von ihren Transferunterkünften künftig gezielt zur Bundesallee gebracht werden.

Die Warteschlangen werden bleiben

Am Morgen war es vor dem zweiten Zelt mehrfach zu Konflikten und Eingriffen der Polizei gekommen – viele Flüchtlinge fürchten nämlich, gar nicht eingelassen zu werden und drängten sich vorm Eingang. Hinten auf dem Gelände standen noch mehrere hundert Menschen unter Schirmen und in Decken gehüllt. Sie warteten in den provisorisch ausgeschilderten und in Gittern gewundenen Warteschlangen für bereits begonnene Fälle und Terminkunden. Später müssen auch Registrierte wieder dorthin, wenn sie etwa den Krankenschein verloren haben.

Einige Flüchtlinge stehen trotz Erklärungen in sich versunken herum. Er wisse nicht, was das Band bedeutet und was nun geschehe, sagt ein Mann aus dem Kongo. Er ist Friseur, alles was er besitzt, ist noch seine Umhängetasche, nur die Asylpapiere sind darin. Ein mutterseelenallein wirkender junger Kameruner, alle seine Angehörigen sind tot, klagt, Araber behandelten ihn rassistisch. Ein Berliner mit Verwandten in Syrien und Libanon zeigt sich darüber entsetzt, dass einige Syrer in der Schlange während der Wartezeit verherrlichend über den IS sprechen, wie er sagt.

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