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Auf dieser Brache am äußersten Rand von Potsdam soll nach derzeitigem Stand die Containerunterkunft für etwa 100 Flüchtlinge aufgestellt werden - wenn die Stadt nichts besseres findet. Rundherum gibt es fast nichts.

© Andreas Klaer

Neue Unterkunft für Flüchtlinge in Potsdam: Unsichtbar an der Endstation Buchhorst

Auch in Brandenburgs Hauptstadt wird nach einer geeigneten Bleibe für Flüchtlinge gesucht. Eine Option ist das Gewerbegebiet Potsdam Süd, irgendwo im Niemandsland. Aber wie kommt man dorthin?

Pappeln, Birken, dichtes Gestrüpp. Dahinter eine Lichtung. Dort, wo die Stadt ein paar Container für die wachsende Zahl an Flüchtlingen in Potsdam aufstellen will, ist bislang: nichts.

Auch keine Anwohner mit massiven Vorbehalten gegen das geplante Flüchtlingsheim – wie derzeit in Berlin-Hellersdorf. In unmittelbarer Umgebung findet man erst einmal gar keine Menschen, stattdessen ein Sammellager der deutschen Post und die Sicherheitsfirma Securitas. Die überwucherte Brache liegt im Gewerbegebiet Potsdam Süd, Am Buchhorst 33, irgendwo im Niemandsland zwischen Potsdams südlichem Ende und Bergholz-Rehbrücke.

Belebter wird es erst am Bahnhof Rehbrücke, etwa zehn Minuten Fußmarsch vom geplanten Container-Standort entfernt. Doch ohne Auto ist der Weg dorthin ein bisschen kompliziert. Eine Viertelstunde braucht die Straßenbahn vom Potsdamer Hauptbahnhof. Auch dann steht man erst einmal im Wald. Ein kleiner Forst eigentlich nur, gleich dahinter liegt der Bahnhof Rehbrücke. Vor der Bahnschranke erinnert ein gelbes Ortsschild daran, das Potsdam hier zu Ende ist. Ausgestorben immerhin ist der Halt nicht, zumindest mittags steigen ganze Horden von Schülern aus, gehen weiter zum Bus oder zum einzigen Imbiss am Bahnhof, einem Dönerladen.

Trostlosigkeit der Gegend

Der Mann am Spieß hat von den Plänen der Stadt gehört. Ja, die Flüchtlinge sollen hierher. Wohin genau? Er tritt aus seinem Imbiss hinaus auf die Arthur-Scheunert-Allee, deutet auf den Wald hinter den S-Bahngleisen. Dazwischen liegen Schuppen, Industriegebäude, ein paar Wohnhäuser. Wie man dorthin kommt? Er zuckt mit den Schultern.

Ein paar Meter die Arthur-Scheunert-Allee hinunter liegt die Bushaltestelle. Alle 20 Minuten fährt der Bus 699 in Richtung Industriegebiet, so steht es im in kryptischer Kleinschrift gedruckten Fahrplan. Jetzt ist er gerade weg. Fahrrad- und Fußweg führen etwa 500 Meter durch ein Waldstück. An dessen Ende grüßt eine Deutschlandfahne aus dem Garten eines Wohnhauses. Auf den ersten Blick kein Weg, den man nachts gern alleine geht.

Gleich dahinter zweigt die Straße ins Gewerbegebiet ab. Läuft man die etwa zehn Minuten entlang, verlässt man Rehbrücke formell wieder. An der Trostlosigkeit der Gegend ändert die Rückkehr nach Potsdam nichts.

Dann steht man vor dem Gestrüpp, auf dessen Gelände die beiden Container für die etwa 100 Flüchtlinge aufgestellt werden könnten – wenn die Stadtverordneten bis September keine andere Lösung gefunden haben. Bei der Suche nach einem Grundstück mit passendem Gebäude wurden laut Stadt zunächst 35 Standorte geprüft, darunter die Volkshochschule in der Dortustraße.

Stadt will Flüchtlinge integrieren

Doch letztlich erschien der Stadt das Gelände im Gewerbegebiet am geeignetsten – dabei ist ihr erklärtes Ziel die bessere Integration von Flüchtlingen. Dafür bezahlt die Verwaltung seit August allen Flüchtlingen einen Deutsch-Grundkurs, unabhängig vom Duldungsstatus. „Die ehemalige Volkshochschule hat den klaren Vorteil, sehr zentral zu liegen – aber auch den klaren Nachteil, dass Umbau und Sanierung sehr teuer würden“, sagt Stadtsprecher Jan Brunzlow. Dort fehlen Sanitäranlagen, Warmwasserversorgung und Kochmöglichkeiten. Langfristig will die Stadt ohnehin, dass mehr Flüchtlinge in eigenen Wohnungen leben, nicht in den Unterkünften. Auch wenn das nach Jan Brunzlow nicht alle wollen – oder können: „Viele sind traumatisiert, haben Angst, allein zurechtzukommen.“ Andere hätten ihre Freunde im Wohnheim und fühlten sich in deren Gesellschaft wohler.

Die Rehbrücker stehen den Plänen eher gleichgültig gegenüber. „Och, da stören die doch keinen“, sagt ein älterer Mann. Ein Jüngerer meint: „Das ist schon ganz schön weit ab vom Schuss – hier ist doch nichts, was sollen die denn hier machen?“ Viele aber haben noch gar nichts von den Plänen der Stadt gehört. Ein Gesprächsthema ist die Unterkunft hier nicht. Nur einem jungen Mädchen, blond, sportlicher Typ, wäre das immer noch zu nah an ihrem Wohngebiet.

Der Beitrag erschien am 29.08.2013 auf pnn.de

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