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Berlin: Neue Vorwürfe gegen Finanzminister Markov soll Grundstücke trotz Warnung

unter Wert und ohne Ausschreibung verkauft haben

Potsdam - In Verantwortung des von Vize-Regierungschef Helmuth Markov (Linke) geführten Finanzministeriums wird in Brandenburg trotz Krampnitz-Affäre weiter Landesvermögen verschleudert. Die skandalgeschüttelte Liegenschaftsabteilung IV im Markov-Ressort hat nach dem Tagesspiegel vorliegenden Dokumenten im Jahr 2010 zwei Grundstücke in der Landeshauptstadt Potsdam sogar gegen massive Bedenken und Interventionen des landeseigenen Liegenschaftsbetriebes (BLB) ohne Ausschreibung unter Wert veräußert. Vorher warnte der BLB vergeblich vor Verstößen gegen die Landeshaushaltsordnung, mahnte etwa die „Ausschreibungsverpflichtung“ an. Der erste Fall betrifft ein 480-Quadratmeter-Landesgrundstück im Zentrum nahe der Staatskanzlei von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Hier wurde der Kaufvertrag (UR: 3847/2010) erst am 15.Dezember 2010 unterschrieben. Das war noch nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Affäre um zwielichtige Vermögensgeschäfte des Landes bei der Krampnitz-Kaserne und der Bodengesellschaft (BBG). Damit gerät Markov, zuletzt in der Kritik wegen der Parlament und Kabinett verheimlichten Brüsseler Auszahlungssperre für EU-Fördermittel, weiter unter Druck.

Dass die öffentliche Hand auch anders, nämlich geschäftstüchtig und wertbewusst handeln kann, demonstriert in beiden Geschäften paradoxerweise der Käufer. Es sind städtische Gesellschaften Potsdams: Das 480 Quadratmeter große Grundstück in der Friedhofsgasse 1 nahe der Staatskanzlei erwarb die Pro Potsdam GmbH für 72 000 Euro, also für nur 150 Euro je Quadratmeter. Der tatsächliche Wert ist nach Einschätzung von Immobilienexperten weit höher, der Bodenrichtwert liegt bei 220 Euro je Quadratmetern. Die Pro Potsdam ist zudem auf die Immobilie angewiesen. Die Stadtfirma, für die es zudem Privatisierungsbestrebungen gab, agiert hier wie ein privater Immobilienentwickler. Auf ihrem großen Nachbargrundstück will sie 50 Wohnungen bauen, angesichts der Wohnungsnot in Potsdam ein lukratives Geschäft.

Trotzdem hat das Markov-Ressort zum Nachteil des Landes die freihändige Vergabe und den von der Pro Potsdam gewünschten 150-Euro-Preis festgelegt und sich gegenüber dem BLB auf ein „hausinternes Gutachten“ berufen, das aber nie vorgelegt wurde. Die Existenz ist fraglich. Der BLB wurde von der aus der Krampnitz-Affäre bekannten Referatsleiterin im Finanzministerium, Iris-Andrea Stelzig, direkt angewiesen, nach diesen Vorgaben die Verträge vorzubereiten, was dann geschah. Allerdings hatte BLB-Geschäftsführer Volker Bargfrede vorher Stelzig schriftlich an die „Landeshaushaltsordnung“ erinnert, und gemahnt, „dass wir alles vermeiden sollten, dass dem Ansehen des Landes Schaden zufügen könnte.“ In der Antwort vom 19. August 2010 referiert Stelzig allein über Nachteile des Grundstückes, als hätte es der Käufer formuliert, und weist an: Sie „erwarte, dass mein Erlass vom 4.8.2010 zügig umgesetzt wird“.

Die zweite Immobilie liegt in der Mitte Potsdams, einen Steinwurf vom Alten Markt entfernt, wo das Landtags-Schloss errichtet wird: Hier geht es es um 1264 Quadratmeter Landeseigentum an der Schlossstraße 1/Friedrich-Ebert-Straße, daneben will das Land die neue Synagoge bauen. Dieses Filetgrundstück wurde am 28. Juli 2010 (UR 1158/2009) vom Finanzministerium veräußert – für nur 158 000 Euro, also zu einem Quadratmeterpreis von 125 Euro, ebenfalls ohne Ausschreibung. Käufer war der Sanierungsträger Potsdam. Nach internen BLB-Vermerken hat das Grundstück einen Wert von rund einer Million Euro. Dem Tagesspiegel liegen zudem zwei Schreiben von Investoren direkt an Finanzminister Helmuth Markov vor, die die Immobilie kaufen und entwickeln wollten. Einer bot, zwei Monate vor dem Verkauf, 1,2 Millionen Euro.

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