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Milliarden-Deal: Berlin und Bund unterzeichnen Hauptstadtvertrag.

© Christophe Gateau/dpa

Neuer Hauptstadtvertrag: Berlin bekommt mehr Geld für Sicherheit und Kultur

Die Bundesregierung und der Senat haben sich endgültig auf eine neue Hauptstadtfinanzierung geeinigt. Neben kulturellen Einrichtungen profitieren Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte davon.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Bund und Berlin haben sich auf einen neuen, für zehn Jahre geltenden Vertrag zur Finanzierung der Hauptstadt Berlin geeinigt. Die Vereinbarung wurde am Montag unterschrieben. Damit nehme der Bund „seine Verantwortung bei der Bewältigung der Mehrausgaben wahr“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei der Unterzeichnung. Dazu gehörten nicht nur die Gewährleistung der inneren Sicherheit, sondern auch die Unterstützung des beeindruckenden Kulturangebots in Berlin.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) bedankte sich bei allen, die an den zeitweise „harten Verhandlungen“ teilgenommen hätten. Der Bund erkenne mit dem neuen Vertrag die Anstrengungen Berlins und die Bedeutung der Hauptstadt für das ganze Land an. Im Schnitt entlastet die Hauptstadtfinanzierung ab 2018 den Haushalt Berlins um jährlich 200 Millionen Euro. Allein für die hauptstadtbedingte Sicherheit überweist der Bund bis 2021 jedes Jahr 100 Millionen Euro, dann wird die Pauschale auf 110 Millionen Euro und ab 2023 auf 120 Millionen Euro aufgestockt. Davon profitieren vor allem Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte. Bisher zahlte der Bund nur 60 Millionen Euro jährlich, obwohl die tatsächlichen Aufwendungen nach Angaben der Innenverwaltung bei 130 Millionen Euro liegen.

Mehr Geld für Musik

Berlin schützt derzeit 430 Gebäude „mit Bundesbezug“, mehrere tausend Demonstrationen und andere „Einsatzlagen“ müssen bewältigt werden, außerdem steht Berlin nach den Worten des Innensenators Andreas Geisel (SPD) im „Fokus des islamistischen Terrorismus“. Insgesamt setzt die Berliner Polizei 2057 Dienstkräfte für hauptstadtbedingte Sicherheitsaufgaben ein, davon 839 Objektschützer und 707 Beamte der Bereitschaftspolizei.

Die bisher schon vereinbarte Förderung von Kultureinrichtungen und -projekten in Berlin durch den Bund wird um 25,7 Millionen Euro jährlich aufgestockt, mit dem Schwerpunkt Musik (siehe nebenstehender Bericht). „Was hier kulturell gelingt, wird dem ganzen Land gutgeschrieben“, sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). Auch Kultursenator Klaus Lederer (Linke) zeigte sich zufrieden.

Grundstücke werden getauscht

Außerdem nutzten der Bund und Berlin die Gelegenheit, offene Grundstücksfragen, über die man sich lange nicht einigen konnte, zu klären. So gibt der Bund das Kreuzberger Dragoner-Areal ab, das der Senat für den sozialen Wohnungsbau nutzen will. Voraussetzung dafür bleibt allerdings, dass der 2015 abgeschlossene Kaufvertrag zwischen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und einem privaten Investor rückabgewickelt wird. Ein langwieriger Rechtsstreit ist nicht ausgeschlossen. Zum Ausgleich erhält der Bund die Grundstücke der Akademie der Künste, des Martin-Gropius-Baus, des Hauses der Kulturen der Welt und des Jüdischen Museums. Damit wird eine Absichtserklärung aus dem alten, 2007 abgeschlossenen Hauptstadtfinanzierungsvertrag endlich umgesetzt.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Kulturstaatsministerin Monika Grütters (beide CDU), Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) und Senatschef Michael Müller (SPD) nach der Unterzeichnung des Vertrags.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Kulturstaatsministerin Monika Grütters (beide CDU), Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) und Senatschef Michael Müller (SPD) nach der Unterzeichnung des Vertrags.

© P. Zinken/dpa

Ein weiterer Grundstückstausch betrifft die bundeseigenen Flächen des Flughafens Tegel, die Berlin überlassen werden. Im Gegenzug erhält der Bund das Grundstück der Schinkelschen Bauakademie, ein äußerst wertvolles Grundstück in der historischen Stadtmitte. Dann gibt es noch eine Zusatzvereinbarung, mit der Berlin das Haus der Statistik zum Verkehrswert kauft, der bei 50 Millionen Euro liegen dürfte. Das Gebäude wird voraussichtlich für Büro- und Verwaltungszwecke genutzt.

Für Berlin ist der Grundstückstausch nicht ohne finanzielles Risiko, weil für das Haus der Statistik und die Flächen in Tegel sogenannte Besserungsscheine über 15 Jahre vereinbart wurden. Das heißt: Sollte der Immobilienwert in dieser Zeit steigen, muss der Senat die Differenz nachträglich an den Bund zahlen. Außerdem müssen alle Grundstücksgeschäfte innerhalb von neun Monaten abgewickelt werden, sonst könnte die gesamte Vereinbarung hinfällig werden. Verbindliche Verkehrswertgutachten gibt es für alle betroffenen Immobilien noch nicht. Die Haushälter im Bundestag und im Abgeordnetenhaus müssen den Grundstücksgeschäften zustimmen.

Auch Gedenkstätte werden weiter finanziert

Die städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen im Parlaments- und Regierungsviertel, die 1994 begannen, werden fortgesetzt und zu 64 Prozent vom Bund finanziert. Über hauptstadtrelevante Verkehrsprojekte wurde nicht verhandelt, der Bund war daran nicht interessiert. Die Finanzierung von Gedenkstätten – dazu gehören auch die sowjetischen Ehrenmale und Soldatenfriedhöfe – wird auf bisherigem Niveau fortgesetzt.

Grundlage der Hauptstadtfinanzierung sind der Hauptstadtvertrag von 1992 und Artikel 22 Grundgesetz. Dort steht: „Die Repräsentation des Gesamtstaates in der Hauptstadt ist Aufgabe des Bundes. Näheres wird durch ein Bundesgesetz geregelt.“ Diese sogenannte Hauptstadtklausel wurde 2006 in das Grundgesetz aufgenommen. Die Initiative ging vom damaligen Senatschef Klaus Wowereit (SPD) aus.

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