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Genügend Bücher für alle. Am Premierentag gab es einiges Interesse am neuen Lesesaal der Staatsbibliothek Unter den Linden.

© Valerie Schönian

Neueröffnung der Lesesäle der Staatsbibliothek: Endlich mal was fertig

Bei den vielen Großbaustellen freut sich der Berliner, dass dann doch endlich mal was fertig wird: Die neuen Lesesäle der Staatsbibliothek wurden nämlich eröffnet und können besichtigt werden. Da kommt so mancher Besucher ins Schwärmen.

Eigentlich wollte Thomas Henneke zu den Wirtschaftsbüchern. Jetzt lehnt der 56-Jährige aber vor einem Regal für die Sozialwissenschaften an einem Tisch und ist in das Buch „Der entmannte Eros“ vertieft. „Ich weiß gar nicht, wie ich darauf aufmerksam geworden bin“, sagt er und lacht. Henneke ist einer von den Besuchern, die am Donnerstag den neu eröffneten Lesesaal der Staatsbibliothek sowie den angrenzenden Musik-Lesesaal und den Rara-Lesesaal für historische Drucke erkundet haben. Der zentrale Lesesaal ist der größte Posten in der laufenden Generalsanierung der Staatsbibliothek. 406 Millionen Euro sollen die Arbeiten bis 2016 kosten.

„Wir waren gut besucht, wurden aber nicht überrannt“, sagte Gudrun Nelson-Busch von der Stabsstelle bei der Abteilungsleitung der Stabi. Bis 17 Uhr wurden 487 Nutzer und Schaulustige gezählt. Unter den Neugierigen waren auch Dore Häussler und ihre Freundin Andrea Budde. Die Berlinerinnen um die 60 wollten sich die Eröffnung nicht entgehen lassen. „Es passiert ja nicht so oft, dass in Berlin etwas fertig wird“, sagt Häussler und schmunzelt. „Fantastisch“ findet sie den neuen Lesesaal. Auch Budde kommt ins Schwärmen: „Diese Räume, die Gestaltung, die Lampen, die Kunst“ und – fast hätte sie es vergessen – „die Bücher!“

Zu der Eröffnung war es am Donnerstag einmalig möglich, auf eigene Faust loszuziehen. Ab jetzt gibt es für alle Interessierten noch bis zum 18. Mai kostenlose Führungen. Sie starten dienstags bis freitags um 17 Uhr am Eingang an der Dorotheenstraße 27. Zum Auftakt gestern wurden etwa 70 Menschen in drei Gruppen durch die Gänge geführt und in die Geschichte der Bibliothek eingeweiht. Unter den Besuchern waren zum Teil langjährige Stabi-Nutzer wie der 59-jährige Hans-Christian Förster. Der Berliner kennt das Gebäude schon seit 30 Jahren. „Die alte Bibliothek war durch ihre hohen dunklen Räume sehr beängstigend“, findet er. „Die neue ist viel großzügiger“ – nicht nur was die Gestaltung angeht. Auch die Freiräume seien laut Förster größer. „In dem alten Rara-Saal saß man seinem Nachbarn auf der Pelle.“

Doch es gibt auch anderes Feedback: Marcel, 31, aus Prenzlauer Berg und Stuart, 29, aus Neukölln haben an der Führung teilgenommen, weil sie auf alte Architektur gehofft haben. Der bisher öffentlich zugängliche Teil wurde jedoch komplett erneuert. Ein weiterer Minuspunkt ist für Marcel, dass die Nutzer gemeinsam an großen Tischen sitzen. „Mir fehlen die Wände“, sagt er.

Das scheint viele Nutzer nicht zu stören. Schon am Vormittag waren die meisten Tische im Lesesaal besetzt. Meistens herrschte dort typische Bibliotheksatmosphäre. Aber manchmal hat die Architektur dann doch kurzzeitig abgelenkt: Eine 30-jährige Doktorandin aus Berlin kommt auf dem Weg in die Bibliothek ins Stocken und bestaunt die Fassade: „Krass“, bringt sie es auf den Punkt. Doch allzu ausgiebig kann sie sich dem Architekturgenuss nicht widmen. Wichtiger ist ihr die Doktorarbeit. So ist das in der Bibliothek.

Valerie Schönian

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