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Humboldthafen

© Simulation: Büro Wilkens

Neues Museum: Andy Warhol legt am Humboldthafen an

Überraschung in der Berliner Kunstszene: Ein noch unbekannter Investor soll ein privates Museum für moderne Kunst errichten. Das Gebäude soll gleich neben dem Hauptbahnhof liegen.

Die Überraschung war perfekt. Bei einer Veranstaltung des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller wollte Holger Lippmann, Chef des Berliner Liegenschaftsfonds, eigentlich nur über den 23 000 Quadratmeter umfassenden Entwicklungsstandort rund um den Humboldthafen plaudern und hat offensichtlich doch zu viel erzählt. Überraschend kündigte er den Bau eines Museums für die Kunst des 21. Jahrhunderts gleich neben dem Hauptbahnhof an, das von einem privaten Investor errichtet werden soll. Dieser werde zugleich verpflichtet, in dem Neubau seine eigene private Sammlung während der nächsten 20 Jahre zu zeigen. Beim Liegenschaftsfonds beeilte man sich gestern, eine offizielle Mitteilung nachzureichen, die jedoch erst heute herausgegeben wird.

Der Plan ist in der Tat spektakulär. Das neue Museum soll eine Ausstellungsfläche von 10 000 Quadratmetern haben. Zum Vergleich: Die temporäre Kunsthalle am Schlossplatz wird nur 576 Quadratmeter messen, der Hamburger Bahnhof vis-à-vis der Invalidenstraße verfügt über 13 000 Quadratmeter. Doch es gibt in der Nachbarschaft noch mehr Platz für die Kunst: in den neuen Galerien und Ateliers sowie in der Halle am Wasser, die ein privater Sammler unterhält. Außerdem steht die geplante Kunsthalle im Raum, die nach Ende des Probelaufs am Schlossplatz ihren endgültigen Platz ebenfalls auf dem Areal an der Heidestraße bekommen könnte.

Wilhelm Brandt, Pressesprecher des Immobilienentwicklers Vivico, der bislang den Kunstcampus am Hamburger Bahnhof vorantreibt, zeigte sich von den Museumsplänen überrascht, nannte aber die Kunst einen erstklassigen Köder, um wichtige Menschen in eine Stadt zu locken: „Das ist wie bei einer Wursttheke: Je größer die Auswahl, desto besser.“

Außergewöhnlich ist auch die Konstruktion, auf deren Grundlage das Haus entstehen wird. Als Ausgleich für den Museumsbau soll der private Investor Gebäude mit einer Bruttogeschossfläche von 60 000 Quadratmetern errichten dürfen. Jochen Esser, finanzpolitischer Sprecher der Grünen, meldete sich gestern sogleich warnend zu Wort und erinnerte an den unseligen Grundstücktausch am Spreedreieck, bei dem am Ende ein Schaden von 24 Millionen Euro entstanden sei. Der Bau des Kunstmuseums erfolge nach dem gleichen Muster: Fehlendes Bargeld solle durch kostenlose Übertragung von millionenschwerem Grundvermögen ersetzt werden.

Irina Dähne vom Liegenschaftsfonds nannte den Deal dagegen zukunftsorientiert. Berlin als europäische Metropole habe sich entschlossen, auf neuen Wegen etwas für die Kunst als Standortfaktor zu tun. Das für den Humboldthafen von dem Architekten Karl-Heinz Winkens entwickelte städtebauliche Konzept sieht eine Mischnutzung aus Wohnen (40 Prozent), Gewerbe, Hotellerie, Gastronomie und Kulturangeboten vor. Schon Ende dieses Monats soll der Wettbewerb europaweit ausgeschrieben werden, Ende 2009 soll Baubeginn sein. Gewünscht ist ein spektakulärer Bau nach dem Vorbild des Guggenheim-Museums im spanischen Bilbao, um auch architektonisch Flagge zu zeigen.

Tatsächlich kommen als Investoren nur eine Handvoll Kandidaten infrage. Das Projekt scheint wie zugeschnitten für Nicolas Berggruen, Sohn des 2007 verstorbenen Sammlers Heinz Berggruen. Der seit einiger Zeit auf dem Berliner Markt tätige Junior sammelt ebenfalls – Andy Warhol, Jeff Wall und Damien Hirst. Er hatte frühzeitig anklingen lassen, dass auch er sich gerne mit seiner Kollektion in Berlin in einer eigenen Immobilie niederlassen würde. Für Nachfragen war er gestern nicht zu erreichen.

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