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Berlin: Neuköllner CDU: Wirtschaftssenator Branoner wird Kreisvorsitzender

Die Neuwahl der Orts- und Kreisvorstände in der Berliner CDU verlaufen nicht so reibungslos wie ursprünglich gedacht. Für die erste große Überraschung sorgte Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner, der Kreisvorsitzender in Neukölln geworden ist.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Neuwahl der Orts- und Kreisvorstände in der Berliner CDU verlaufen nicht so reibungslos wie ursprünglich gedacht. Für die erste große Überraschung sorgte Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner, der Kreisvorsitzender in Neukölln geworden ist. Mit einer hauchdünnen Mehrheit von 66 zu 64 Stimmen setzte er sich auf der Wahlversammlung am Sonntag gegen die bisherige CDU-Bezirkschefin Sabine Toepfer-Kataw durch. Ein Achtungserfolg, der offenbar dem tiefen Bedürfnis der Delegierten zu verdanken ist, alte Gräben endlich zuzuschütten.

Denn in der Neuköllner CDU prallen seit Jahren Welten aufeinander: ein erzkonservativer und ein eher wirtschaftsliberaler Parteiflügel. Noch vor zwei Jahren musste Branoner, dessen unorthodoxe Sichtweisen und eine gewisse Hemdsärmeligkeit in der CDU nicht überall auf Wohlwollen stoßen, noch mit Listenplatz 7 der bezirklichen Abgeordnetenhaus-Wahlliste vorlieb nehmen. Branoner scheiterte damals an dem Trio Toepfer-Kataw, Winfried Werner und Alexander Kaczmarek; ein Zweckbündnis junger Parteifreunde zum Wiedereinzug in das Landesparlament.

Als Toepfer-Kataw auch noch den CDU-Kreisvorsitz vom Abgeordnetenhauspräsidenten Reinhard Führer übernahm, schien das innerparteiliche Schicksal des Wirtschaftssenators besiegelt. Jedenfalls in Neukölln. Aber es kam anders. Zunehmend wurden Vorwürfe gegen die 37-jährige CDU-Kreisvorsitzende laut, die im nächsten Jahr für den Bundestag kandidieren will. Sie sei zu vorlaut, zu wenig integrativ, hieß es. Ein letzter Versuch am vergangenen Dienstag, für den neuen Kreisvorstand ein Personalkonzept zu erarbeiten, in dem sich alle Seiten wiederfinden, scheiterte am Widerstand der eigensinnigen Kreisvorsitzenden. Das kostete sie wohl die entscheidenden Stimmen. Am CDU-internen Kräfteverhältnis rüttelt die Wahl von Branoner zum Neuköllner Kreisvorsitzenden nicht. Dazu ist der Bezirksverband nicht groß genug und der ehemalige Stadtrat und Staatssekretär bringt auch zu wenig politisches Gewicht in die Berliner CDU ein. Das weiß er selbst. Nein, für den CDU-Landesvorstand, der im Mai neu gewählt wird, werde er nicht kandidieren, sagte Branoner dem Tagesspiegel.

Überall heißt es jetzt - aufpassen! Auch für den Zehlendorfer CDU-Kreisvorsitzenden Uwe Lehmann-Brauns, der zurzeit um sein politisches Überleben kämpft. Bei der Vorstandswahl im großen Ortsverband Dahlem wurde kürzlich der junge CDU-Abgeordnete Markus Mierendorff mit großer Mehrheit (140 von 186 Stimmen) als Ortsvorsitzender bestätigt. Zwar fusionieren die Kreisverbände Zehlendorf und Steglitz erst Anfang April zur mitgliederstärksten Parteigliederung der Berliner CDU, aber Lehmann-Brauns kann nicht mehr sicher sein, Kreisvorsitzender bleiben zu können. Auch seine Kandidatur für den Bundestag 2002 gerät in Gefahr. Zurzeit wird die Ortsverbandswahl in Dahlem von Lehmann-Brauns und dessen politischen Freunden vor dem CDU-Kreisschiedsgericht angefochten. Das verschafft ihm aber keine zusätzlichen Sympathien, zumal die Steglitzer CDU sich den jungen Leuten in Dahlem um Markus Mierendorff mehr verbunden fühlt als Lehmann-brauns und dessen bisherigem Stellvertreter im Kreisvorstand, Michael Braun.

Auch in der CDU Charlottenburg-Wilmersdorf, die am 16. März einen neuen Vorstand wählt, breitet sich eine gewisse Nervosität aus. Zwar sei der Kreisvorsitzende und CDU-Generalsekretär Ingo Schmitt, der wiedergewählt werden will, nicht in Gefahr, heißt es. Aber die Charlottenburger müssten sich mit ihren Vorstellungen für die Neubesetzung des Kreisvorstands auch ein bisschen nach den Wilmersdorfern richten. Dort haben sich bei den Ortsvorstandswahlen in den vergangenen Wochen liberale Leute um die CDU-Abgeordnete Monika Grütters, den Finanzsenator Peter Kurth und den Baustadtrat Alexander Straßmeier auf ganzer Linie durchgesetzt. Sie sind, wie Branoner in Neukölln, für eine "integrative Politik" zu haben.

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