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Berlin: Neuköllner Hexen für den Weltmarkt

Bally Wulff baut seit 57 Jahren Spielautomaten

Berlin - Hexen sind nicht gerade für ihre Geduld bekannt – da macht auch diese moderne Hexe keine Ausnahme. Sie ruckelt und zuckelt, klingelt und klappert, lässt Eulen unken und Kessel kochen. Doch wenn man Glück hat, und das braucht man bei dieser Hexe mit dem russischen Namen „Baba Jaga“, gibt es am Ende des zauberhaften Treibens maximal zwei Euro Belohnung für einen Einsatz von maximal 20 Cent. Mehr lässt die deutsche Spieleverordnung nicht zu.

Die „Baba Jaga“ ist das Modernste, was der traditionsreiche Neuköllner Spielautomatenhersteller Bally Wulff derzeit zu bieten hat: ein animiertes 3D-Gerät, das gerade auf seine Zulassung durch die physikalisch-technische Bundesanstalt wartet. Die Berliner, die in jedem Jahr bis zu 15 neue Geräte auf den Markt bringen, gehören nach Angaben von Geschäftsführer Axel Herr zu den größten Automatenherstellern Deutschlands.

Herr ist seit einem Jahr im Amt – und hat das Unternehmen seitdem systematisch modernisiert. Der frühere Nintendo-Manager setzt „voll auf Digitalisierung und Videotechnik“, wie er sagt, der neue Flipper ist der beste Beweis dafür. Sein Bauch ist nicht mehr mit mechanischen Walzen und Hebeln gefüllt, sondern steckt voller Hightech. „Irgendwann verkaufen wir nur noch Software-Updates“, prophezeit Herr, und es ist leicht zu erahnen, dass das keine Vision für die ferne Zukunft ist.

Die Geschichte von Bally Wulff, heute einer der größten Arbeitgeber in Neukölln, beginnt 1950. Damals gründete Günter Wulff die Günter Wulff Apparatebau GmbH. 1972 verkaufte er sie an einen Konzern aus Chicago, die Bally Manufacturing Corporation, die die Firma 1982 in Bally Wulff umbenannte. Anfang der achtziger Jahre hatten die Berliner einen Marktanteil von beachtlichen 60 Prozent in Deutschland. Die schwere Krise, die dann folgte, hat der Hersteller, der 2003 vom Finanzinvestor Orlando Management übernommen wurde, nach eigenen Angaben überwunden.

Herr berichtet von einem Umsatz im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich und versichert, dass Bally-Wulff schwarze Zahlen schreibe. Von der positiven Entwicklung profitiert auch die Stadt, obwohl die Gehäuse inzwischen in Polen gefertigt werden. Allein in diesem Jahr will der Flipper-Bauer 15 bis 20 Entwickler einstellen, 361 sind es zurzeit insgesamt, davon arbeitet etwa die Hälfte in Berlin. Da die Firma neue Software mit externen Entwicklern wie der Berliner Games-Academy austüftelt, ist das Unternehmen mit dem kreativen Umfeld eng verwoben. Und das soll auch so bleiben.

„Die Investoren stehen zum Unternehmen, das Interesse ist langfristig“, betont Herr. So kann er sich auf andere Herausforderungen konzentrieren. Eine davon ist die wachsende Aufmerksamkeits- Konkurrenz durch Sportwetten im Internet. „Wenn das Glücksspielmonopol fällt, sind wir vorbereitet“, sagt er. Details behält er noch für sich.

M. Peters

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