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Berlin: Nicht alle Jahre wieder!

Eine Diät durchzuhalten ist meist nicht das Problem. Schwieriger ist es, den persönlichen Weg zum dauerhaften Wohlfühlgewicht zu finden

Eigentlich meinte „Diaita“ bei den alten Griechen so etwas wie „gesunde Lebensweise“. Wer heute eine Diät macht, hat aber meist nur eines im Sinn: abnehmen. Für viele ist das alle Jahre wieder zu Beginn der schönen Jahreszeit angesagt – und nicht zuletzt mit Gedanken an die Sommergarderobe verbunden.

Bei deutlichem Übergewicht oder echter Fettsucht (Adipositas), die womöglich schon zu Folgekrankheiten wie Diabetes geführt hat, wird auch der Arzt seinem Patienten raten, das Abnehmen mit einer strengen Diät zu versuchen. Auch die neuen Medikamente mit den Wirkstoffen Orlistat oder Rimonabant können dann zum Einsatz kommen. Denn all das soll helfen, in kurzer Zeit Pfunde zu verlieren und damit das Erkrankungsrisiko zu senken. Wissenschaftliche Studien zur Frage, welche von all den Abnehmdiäten die beste ist, werden üblicherweise mit dieser Patientengruppe durchgeführt. So wurde gerade wieder die Atkins-Diät, die ganz auf Proteine und Fett setzt, mit einer fettarmen, kohlehydratreichen Diät verglichen. Dies zeigt ein amerikanischer Vergleich von vier Diättypen über den Zeitraum von zwölf Monaten. Die 311 übergewichtigen Teilnehmerinnen wurden darin nach dem Zufallsprinzip einer von vier Diätformen zugeteilt: Die Atkins-Diät setzt auf Proteine und meidet Kohlenhydrate möglichst, die Zone-Diät setzt ebenfalls auf wenig Kohlenhydrate, wogegen die Ornish-Diät eine kohlenhydratreiche Ernährung empfiehlt. Auf den nationalen Leitlinien basiert die Learn-Diät, die zu wenig Fett, vielen Kohlenhydraten sowie zu Bewegung rät. Die Forscher der Stanford-Universität stellten nach einem Jahr fest, dass die Atkins-Teilnehmerinnen mit Abstand am meisten abgenommen hatten. Derweil propagieren andere die reine Lehre in Form von „Schlankheitskuren“, bei denen nur Ananas oder nur hart gekochte Eier gegessen werden dürfen. Leicht zu merken, aber auf die Dauer etwas monoton.

Auf die Dauer – das ist überhaupt das Stichwort, wenn man seriöse Ernährungsexperten fragt, wie der Königsweg zur schlanken Linie aussehen könnte. „Diäten taugen allenfalls dazu, schnell abzunehmen“, sagt Gisela Olias vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke (DIfE). Von einseitigen Crashdiäten rät sie generell ab. „Wenn schon, dann sollte man sich für eine kalorienreduzierte Diät entscheiden, die so ausgewogen ist, dass sie mit allen Nährstoffen versorgt.“ Und da es ein Leben nach der Diät gibt, sollte man sich gleich überlegen, was sich dann verändern soll. Olias rät zur schonungslosen Bilanz in einem Ernährungsprotokoll: Was esse ich wirklich? Was esse ich besonders gern? Welche Getränke bevorzuge ich? Wo könnte ich Energie einsparen, ohne Vitamine und Mineralstoffe einzubüßen? Besondere Fallen sind versteckte Fette, wie sie etwa in der Salami stecken, oder die Kombination aus Zucker und Fett, die dazu führt, dass es die meisten Süßigkeiten in sich haben. Zucker macht auch die Softdrinks zu sommerlichen Kalorienbomben. „Man sollte sich aber keinesfalls alles verkneifen, was man gerne mag“, betont Olias. Denn das macht die Pralinen noch interessanter, und es sorgt mit ziemlicher Sicherheit dafür, dass man den eigenen Ernährungsplan nicht einhalten kann – und dass man zu allem Überfluss auch noch Schuldgefühle entwickelt. Dabei ist Essen ja eigentlich keine moralische Frage. Erfolg verspricht stattdessen das pragmatische Vorgehen: Sich einen Riegel Schokolade mit aufs Sofa nehmen, den Rest in der Küche lassen. Ein kleines Schälchen mit Chips abfüllen, statt gleich die ganze Tüte beim Fernsehen dabeizuhaben.

Sich regelmäßig Obst und Gemüse zu gönnen, beugt, wie Studien inzwischen gezeigt haben, einigen Volkskrankheiten vor. Es ist aber natürlich auch gut für die schlanke Linie, denn bei geringer Kaloriendichte enthalten Obst und Gemüse Ballaststoffe, die sättigend wirken. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät allen, die auf ihr Gewicht achten müssen, dabei den Schwerpunkt auf das Gemüse zu legen, denn die gleiche Menge davon enthält weniger Kalorien als die süßen Früchte. Aber auch das ist kein Dogma. „Wir kommen immer mehr zu der Erkenntnis, dass jeder seine Abnehmstrategie an seinen persönlichen Vorlieben ausrichten sollte“, sagt Olias. Wer besonders gern Süßes isst, der sollte sich öfter eine Banane als Snack gönnen. Wer eher für Wurstwaren schwärmt, kann von Salami auf mageren Schinken umschwenken und sein Brot gleichzeitig mit Tomaten und Gurke bestücken.

Es ist alles andere als eine Neuigkeit, aber es wird vor lauter Diätplanung immer noch oft vergessen: Wer sich viel bewegt, der verbrennt auch mehr Kalorien. Nicht allein Umweltbewusstsein und Sparsamkeit sprechen also dafür, jetzt das Fahrrad aus dem Keller zu holen. Wer nur weniger isst, um leichter zu werden, setzt dabei auch seine Muskelmasse aufs Spiel, die dem Körper in der Not als Energiequelle dient. Und „Hungerphasen“ bergen noch eine andere Gefahr: Wer danach wieder isst wie früher, nimmt schneller wieder zu, weil der Stoffwechsel sich auf den Mangel eingestellt hat. Also besser einen Plan aufstellen, der so menschenfreundlich ist, dass man ihn auf die Dauer durchhalten kann – weil das neue bewegte Leben genauso attraktiv ist wie die aktuelle Bademode.

Adelheid Müller-Lissner

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