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Technikmuseum Berlin.

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EU-Fördermittel: Nicht arm genug: Berlin erhält 500 Millionen Euro weniger

Das Technikmuseum, Bibliotheken, die Spandauer Zitadelle, Integrationsprojekte: Das alles wird mit EU-Geld gefördert. Doch in der nächsten Planungsperiode muss die Stadt auf 500 Millionen Euro aus Brüssel verzichten – weil andere es nötiger haben.

Von Sabine Beikler

Berlin wird in den nächsten Jahren knapp eine halbe Milliarde Euro weniger EU-Mittel aus Brüssel erhalten als in der laufenden Förderperiode. Statt wie bisher 1,2 Milliarden Euro für 2007 bis 2013 stehen der Hauptstadt nur noch 725 Millionen Euro zur Verfügung.

Die EU-Förderpolitik ist komplex und klingt zunächst trocken. Doch ohne das Geld aus Brüssel in Höhe von 1,2 Milliarden Euro in den vergangenen Jahren hätten beispielsweise Stadtteilzentren keine sieben Millionen Euro Strukturfördermittel erhalten. Oder der Kulturbereich, der 50 Millionen Euro erhält: Damit wurden laut Verwaltung zum Beispiel bauliche Investitionen in der Zitadelle Spandau, im Technikmuseum und in Bibliotheken wie dem Neubau der Schillerbibliothek in Mitte finanziert. Geld bekamen unter anderem auch die Tanzfabrik Berlin und Volkshochschulen, und die Mittel kamen auch im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres in der Kultur zum Einsatz.

Die Fördermittel, von denen Berlin profitiert, stammen aus zwei Töpfen: dem EU-Strukturfonds für regionale Entwicklung (EFRE) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF). Bisher fließen EFRE-Mittel in Höhe von rund 876 Millionen Euro. In der nächsten Förderperiode 2014 bis 2020 werden es nur noch 600 Millionen Euro sein. Die ESF-Mittel sinken nach Tagesspiegel-Informationen von 336 Millionen Euro voraussichtlich auf 125 Millionen Euro. Die künftige Förderpolitik für soziale und kulturelle Projekte, Wirtschaftsansiedlungen oder Arbeitsmarktprogramme muss in Berlin deshalb neu ausgerichtet werden.

Wie die Fördermittel eingesetzt werden, ist noch unklar

Wie die rund 725 Millionen Euro Fördermittel, die Berlin in der Periode bis 2020 bleiben, eingesetzt werden, steht noch nicht fest. Voraussichtlich Ende September will sich der Senat mit dieser Frage beschäftigen. Die Wirtschaftsverwaltung hat in einem Bericht an den Hauptausschuss im Mai schon grobe Ziele für die Verwendung der EFRE-Mittel festgelegt: Die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft soll gesteigert und Gründungsaktivitäten sollen gefördert werden. Der Senat will das Geld außerdem einsetzen, um CO2-Emissionen in der Wirtschaft zu reduzieren und auch, um die soziale Integration vor allem in Problemgebieten zu fördern.

Grundsätzliche Überlegungen gibt es auch bereits für die ESF-Mittel: Sie sollen unter anderem eingesetzt werden, um Schulbildung und Praxis besser miteinander zu verzahnen und Armut zu bekämpfen. Was das jedoch konkret heißt – und welche Institutionen womöglich künftig auf Fördergeld aus Brüssel verzichten müssen –, muss sich erst noch erweisen.

Die Zahlungen fallen im Übrigen nicht nur für Berlin, sondern für alle Bundesländer niedriger aus als bisher. Grund dafür ist, dass es Deutschland wirtschaftlich im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedsstaaten gut geht. Künftig fließen die Mittel verstärkt in bedürftigere Regionen.

Für eine öffentliche Debatte hatte kürzlich gesorgt, dass die Mittel aus der laufenden Förderperiode noch nicht vollständig abgerufen sind. Wirtschaftsstaatssekretär Henner Bunde verschickte ein Schreiben an alle Verwaltungen, die Fördergeld erhalten. Er wies auf einen Zwischenstand beim Abrufen der Fördermittel hin. „Es handelt sich dabei um routinemäßige verwaltungsinterne Vorgänge“, betont eine Sprecherin der Wirtschaftsverwaltung.

EU-Mittel müssen erst bis 2015 ausgegeben werden.

Profiteure. Das Technikmuseum und die Zitadelle Spandau kamen in der Vergangenheit in den Genuss der europäischen Fördergelder. Ebenso Bibliotheken, die Tanzfabrik Berlin und so manche Volkshochschule.

© dpa

In fast allen Ressorts sind die zur Verfügung stehenden Fördermittel noch nicht abgerufen worden. Das ist allerdings auch noch nicht notwendig, denn dafür bleibt noch Zeit. Bis spätestens zwei Jahre nach Ende der Förderperiode können EFRE- und ESF-Mittel verwendet werden.

„Die EU-Mittel müssen erst bis Ende 2015 ausgegeben und abgerechnet sein“, erklärt die Wirtschaftsverwaltung. Die Behörde von Senatorin Cornelia Yzer (CDU) sieht derzeit auch keine Gefahr, dass Fördermittel verfallen könnten. Die Wirtschaftsverwaltung verfügt über einen großen Anteil der Mittel. Rund 560 Millionen Euro Fördermittel flossen bisher in Gründerfinanzierungen oder Wirtschaftsförderung. EU-Gelder finden sich auch in Programmen für Weiterbildung und Investitionen in Betriebsstätten, aber auch in Projekten, die strukturschwache Kieze stärken sollen.

Auch andere Verwaltungen sorgen sich nicht, dass Mittel ungenutzt verfallen könnten. Es gebe „keine Probleme bei der Inanspruchnahme von Fördergeldern“, heißt es aus der Justizverwaltung. Die Fördermittel seien bereits „verplant“, teilt die Kulturverwaltung mit. Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) ist „optimistisch, in der zweiten Jahreshälfte 2013 die Mittelbindung weitestgehend umzusetzen“. Bis 2015 werde man noch eine „hohe Ausschöpfungsrate“ erreichen.

Ihre Verwaltung finanziert mit 182 Millionen Euro aus dem EU-Sozialfonds einen Dschungel von Arbeitsmarktprogrammen sowie unzählige Träger oder Weiterbildungsmaßnahmen.

EFRE-Fonds und ESF-Mittel

Aus den Strukturmitteln der EU stehen Berlin in der Förderperiode 2007 bis 2013 insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung.

Der EFRE-Fonds ist das wichtigste EU-Instrument der Regionalförderung. So sollen regionale Ungleichheiten ausgeglichen werden. Mit EFRE-Mitteln werden Infrastrukturinvestitionen finanziert, die in der Region dauerhafte Arbeitsplätze sichern sollen. Die Gelder können beispielsweise für Verkehrsanbindungen, den Aufbau neuer Wirtschaftsstandorte oder die Entwicklung der transeuropäischen Verkehrsnetze verwendet werden.

Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist das wichtigste Instrument in Europa zur Beschäftigungsförderung. Er unterstützt Maßnahmen, die Vollbeschäftigung, Arbeitsplatzqualität und Arbeitsproduktivität fördern sowie Armut vermeiden. ESF-Gelder fließen in die Aus- und Weiterbildung und die Integration in den Arbeitsmarkt. Die Europäische Kommission legt mit den EU-Ländern die ESF-Schwerpunkte fest. So werden in dieser Förderperiode beispielsweise Jugendliche beim Übergang von der Schule zum Beruf unterstützt, und es werden niedrig qualifizierten Arbeitssuchenden Schulungen angeboten.

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