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Berlin: Noch keine Büros für die Linkspartei

Im Reichstag klagen die 54 Abgeordneten über Benachteiligung: Andere Fraktionen sind besser ausgestattet

Von Sabine Beikler

Ein Eklat wie die gescheiterte Wahl des Linkspartei-Chefs Lothar Bisky zum stellvertretenden Bundestagspräsidenten bringt Gesine Lötzsch nicht aus der Ruhe. Hinter ihr liegen drei Jahre Bundestagserfahrung als eine von zwei fraktionslosen Abgeordneten der PDS. Viele „Ungleichbehandlungen“ hätten Petra Pau und sie erlebt, sagt Lötzsch. Und deshalb rufen ein Schreibtisch, ein angeschlossener Computer und ein Telefon bei der Parlamentarierin ein Gefühl hervor, das sie in den vergangenen Jahren kaum kannte. „Plötzlich sind Petra Pau und ich privilegiert – und das unseren eigenen Fraktionskollegen gegenüber.“ Nur Pau und Lötzsch, die schon 2002 in den Bundestag eingezogen sind, haben Büros, die anderen 52 neuen PDS-Abgeordneten noch nicht.

Das geht zwar auch Neu-Parlamentariern aus anderen Fraktionen so, aber es scheinen offenbar „qualitative Unterschiede bei der Raumvergabe zu existieren“, sagt der PDS-Umzugskoordinator André Nowak. „Die Linkspartei bekommt viele Räume, die andere Parteien nicht mehr wollen.“ Unmittelbar nach der Bundestagswahl hat die Partei um provisorische Büros gebeten. Denn im Gegensatz zu den auch schon vor den Wahlen im Bundestag in Fraktionsstärke vertretenen Parteien hatten die Sozialisten nur zwei kleine Büros und einen Archivraum im Keller.

Jedem der 614 Abgeordneten stehen ein Büro mit drei Zimmern für Sekretariat und Mitarbeiter zu. Pau und Lötzsch haben ihre Büros schräg gegenüber im ersten Stock im Bundestagsgebäude in der Straße Unter den Linden. Die daneben liegenden Büros gehören offiziell zur Grünen-Fraktion und stehen leer. „Die werden seit Jahren nicht mehr genutzt“, sagt Helmut Schröder, langjähriger Mitarbeiter von Petra Pau. Bekommen hat die Linkspartei diese Nachbarräume aber nicht, sondern Ausweichquartiere im Erdgeschoss.

Die Bundestagsverwaltung mischt sich in das Gezerre um die Büros für die Bundestagsabgeordneten nicht ein. „Das klären die Fraktionen unter sich“, sagt eine Verwaltungssprecherin. Allerdings gibt es einen internen Verteilungsschlüssel: 72 Prozent der Parlamentarier jeder Fraktion werden im Jakob-Kaiser-Haus untergebracht, der Rest erhält Räume Unter den Linden und im Paul-Löbe-Haus. Nicht sonderlich beliebt sind wegen des geringeren Lichteinfalls Büros im Erdgeschoss und im ersten Stock. Die Fraktionen versuchen nach einer Legislaturperiode, solche Räume schnell wieder loszuwerden. „Mehr als die Hälfte unserer Büros sollen wir im Erdgeschoss und ersten Stock erhalten“, sagt Nowak. Von 265 Arbeitszimmern liegen nach seinen Angaben 72 im Erdgeschoss und 63 im ersten Stock. Wie die Verteilung bei den anderen Fraktionen aussieht, konnte die Bundestagsverwaltung gestern nicht sagen.

Die Grünen, mit 51 Abgeordneten jetzt die kleinste Fraktion, kennen solche „Raumprobleme“ aus früheren Zeiten. Als die Partei das erste Mal 1983 in den Bundestag zog, mussten sich in den ersten Monaten jeweils drei der 28 Abgeordneten einen Schreibtisch teilen. Einen Sitzungssaal hatten die Grünen auch nicht: Die ersten Fraktionssitzungen fanden provisorisch auf der Wiese vor dem Bonner Hochhaus Tulpenfeld statt.

So weit muss die Linkspartei nicht gehen: Es gibt im Reichstag Fraktionssitzungssäle. Allerdings hat die Partei den kleinsten der Säle – und fände es „nur fair“, so Nowak, wenn die kleinere Fraktion der Grünen mit ihr den Saal tauschen würde. Aber das ist Verhandlungssache.

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