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Ein Schlafplatz und eine warme Mahlzeit. Die Notübernachtung der Stadtmission in der Lehrter Straße meldet Rekordzahlen an Hilfesuchenden.

© dapd

Eiseskälte: Notunterkünfte für Obdachlose: "Wir weisen keinen ab"

Berlins Notunterkünfte für Obdachlose sind überfüllt. Doch wegen der Kälte schaffen die Hilfseinrichtungen Platz.

Bereits mit Einsetzen der Dunkelheit warten die ersten Wohnungslosen vor der Notunterkunft der Berliner Stadtmission in der Lehrter Straße. 60 Plätze gibt es hier, derzeit werden aber um die 180 Menschen pro Nacht aufgenommen. In den anderen Unterkünften der Stadt sieht es nicht anders aus. Die insgesamt 70 Nachtcafés und Notübernachtungen der Berliner Kältehilfe sind überfüllt. Auslastung: 130 Prozent. Trotzdem sagt Ortrud Wohlwend von der Stadtmission: „Niemand wird abgewiesen. Wir tun unser Bestes, dass keiner im Freien schlafen muss und nehmen mehr Menschen auf.“ Man arbeitet eng mit der Kältehilfe zusammen und verweist notfalls auch auf deren Unterkünfte.

Die medizinische Hilfe in der Stadtmission Lehrter Straße wurde verstärkt. Wo sich sonst meist nur ein Helfer um die Obdachlosen kümmert, waren es in den vergangenen Nächten fünf.

Auch das Arztmobil der Caritas ist im Dauereinsatz. Viele Wohnungslose leiden momentan an Erkältungskrankheiten und Bronchitis, auch schlimmere Wunden als sonst sind zu beobachten. Warme Kleidung wird dringend benötigt. „Die bisherige Spendenbereitschaft der Berliner ist groß“, sagt Ortrud Wohlwend. „Die Leute zeigen sich unglaublich solidarisch und spenden außer Kleidung auch Kaffee, Marmelade und Käse.“ Einer der Haupt-Essensspender in der vergangenen Woche war die Messe Grüne Woche. Das Hotel Westin Grand Berlin liefert täglich 70 Liter Suppe.

Für all diejenigen, die sich nicht von selber an eine der Einrichtungen wenden, gibt es den Wärmebus des DRK und außerdem die zwei Kältebusse der Stadtmission. Die fahren von Obdachlosen häufig frequentierte Plätze an, versorgen sie mit Decken und Kleidung und bringen die Menschen auf Wunsch in eine der Notunterkünfte. „Oft bekommen wir auch Hinweise aus der Bevölkerung, wo sich eine bedürftige Person aufhält“, sagt Rüdiger Kunze vom DRK. Es gelingt jedoch nicht immer, die Obdachlosen davon zu überzeugen, sich ins Warme bringen zu lassen. Viele hielten sich nicht mehr gerne in engen Räumen auf und seien zu sehr an das Alleinsein gewöhnt, lautet Kunzes Erklärung für dieses Problem.

Die offenen U-Bahnhöfe fänden bislang nur wenig Zuspruch, sagt ein BVG-Sprecher. In manchen Nächten in der vergangenen Woche hätten sich dort manchmal nur drei Menschen aufgehalten. Eine Erklärung dafür hat er nicht. Denn sowohl die Polizei als auch die Einrichtungen der Kältehilfe, sagt er, seien über die Möglichkeit informiert und würden auch darauf verweisen. Ortrud Wohlwend vermutet, dass ein U-Bahnhof den meisten Wohnungslosen zu unsicher ist. Außerdem würden die Obdachlosen dort nicht versorgt. „Wenn Menschen zu uns in die Stadtmission kommen und umsorgt werden möchten, ist das ein sehr positives Zeichen. Es bedeutet, sie sind sich selbst noch etwas wert und geben nicht auf.“

Seit Donnerstagabend ist auch die Heilig-Kreuz-Kirche in Kreuzberg rund um die Uhr geöffnet. Bedürftige können sich dort nicht nur tagsüber aufhalten. Es gibt auch 20 Schlafplätze. Noch scheint das Angebot nicht genügend bekannt zu sein; letzte Woche waren nachts nur die Hälfte der Plätze belegt. Betreut und versorgt werden die Obdachlosen dort von Mitarbeitern der Johanniter Unfallhilfe.

Da die Temperaturen so bald nicht steigen werden, wird die Hilfsaktion, die eigentlich bis Montagvormittag befristet ist, voraussichtlich bis zum nächsten Wochenende verlängert.

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