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Berlin: NSU-Terror: Polizei untersucht Spur zu Berliner Rockern DNA-Fund könnte Verbindung zu Neonazis belegen

Henkel unterrichtete Innenausschuss über den Fall.

Die Polizei befasst sich derzeit mit zwei DNA-Proben, die eine Verbindung zwischen der Zwickauer Neonazi-Terrorzelle NSU und dem Berliner Rockermilieu belegen könnten. Das erfuhr der Tagesspiegel aus Sicherheitskreisen. Es geht um Spuren, die am Tatort einer Rocker-Schießerei in Wedding und im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen das Neonazi-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe gefunden worden waren.

Nach Tagesspiegel-Informationen gehen die Ermittler aber nur von einer „geringen Restwahrscheinlichkeit“ der Übereinstimmung aus. Der Fund sei ein so genannter „Spur-Spur-Treffer“. Das heißt, es liegen zwei Proben mit Übereinstimmungen vor, die sich derzeit aber keiner Person zuordnen lassen.

Spezialisten der Kriminaltechnik arbeiten derzeit daran, die vage Übereinstimmung mittels hochkomplizierter Verfahren zu überprüfen, um zu erfahren, ob die Spuren doch noch einer Person zuzuordnen sind. Aber auch wenn BKA und Kriminaltechniker des Berliner LKA einen direkten Zusammenhang zwischen der NSU-Mordserie und den Schüssen im Rockermilieu ausschließen, prüfen die Ermittler dennoch mögliche Hypothesen. Und dabei geht es eher um die Grauzone zwischen Rockern und Neonazis.

Dass auf einer damals in Wedding mutmaßlich von den Hells Angels auf die Bandidos angefeuerten Patronenhülse eine DNA-Spur mit NSU-Bezügen gefunden wurde, könnte nach Ansicht der Ermittler mit den Verbindungen zwischen den Hells Angels und der rechten Szene zusammenhängen. Die Ermittler selbst sind da aber sehr vorsichtig. Möglicherweise gibt es einzelne Mitglieder, die früher als aktive Neonazis Kontakte zur NSU hatten und sich später den Hells Angels angeschlossen haben. Oder es ging um rein Geschäftliches, Waffenhandel nämlich.

Verbindungen des Umfelds des NSU ins Rockermilieu gibt es aber durchaus. Vor allem die rechtsradikale Skinhead-Truppe „Blood and Honour“ ist sowohl im Rechtsradikalen- als auch im Rockermilieu verankert. Verflechtungen des Zwickauer Terrorzelle selbst mit der Rockerszene sind allerdings bislang nicht belegt. Auch wenn Beate Zschäpe wie berichtet 2011 im Erfurter Landgericht bei einem Rockerprozess gesichtet worden sein soll.

In einer nichtöffentlichen Sitzung des Innenausschusses hatte Innensenator Frank Henkel am vergangenen Dienstag von der DNA-Übereinstimmung berichtet, diese aber nicht bewertet oder eingeordnet. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Robbin Juhnke, bestätigte dem Tagesspiegel, dass im Innenausschuss über mögliche Zusammenhänge zwischen Berliner Rockern und dem NSU debattiert wurde. Davon hätten der Innensenator und die amtierende Berliner Polizeipräsidentin Margarete Koppers „in einem nicht vertraulichen Teil“ der Sondersitzung des Innenausschusses gesprochen.

Der Fraktionschef der Piraten, Christopher Lauer, und der innenpolitische Sprecher der SPD, Thomas Kleineidam, betonten dagegen, dass der gesamte NSU-Rocker-Komplex im Innenausschuss vertraulich behandelt worden sei. Pirat Lauer sagte, er wundere sich schon, dass sich manche Abgeordnete nicht an die Vertraulichkeit hielten. „Dann muss man sich als Ausschuss auch nicht wundern, dass man manche Unterlagen nicht bekommt“, sagte Lauer dem Tagesspiegel. Denn oft würden Erkenntnisse zurückgehalten, genau mit dem Verweis darauf, dass die Vertraulichkeit nicht eingehalten werde. „Und dafür liefert man genau den Beweis.“

Dem Vernehmen nach gibt es unterdessen noch eine Verbindung des NSU-Trios in die Region. Henkel hatte am Dienstag von einem weiteren Treffer beim Abgleich von Spuren in der DNA-Datenbank des Bundeskriminalamts berichtet.

So soll an einer Socke, die im Wohnmobil der NSU-Mitglieder lag, die gleiche DNA gefunden worden sein, wie 2002 bei einem Tatort in Brandenburg. Um was für einen Tatort es sich handelt, sagte Henkel nicht. Die erfolglosen Ermittlungen gegen Unbekannt seien seinerzeit eingestellt worden, die Akten sollen daraufhin vernichtet worden sein.

Ein Sprecher des brandenburgischen Innenministeriums wies diese Darstellung zurück. „Eine derartige Äußerung des Berliner Innensenators ist uns nicht bekannt", sagte er. Es habe auch kein Brandenburger Ermittlungsverfahren gegeben, auf das dies zuträfe. „Es können daher auch keine diesbezüglichen Brandenburger Ermittlungsakten vernichtet worden sein.“

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