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Berlin: Nur gegen Gebühr ins Zentrum?

Pro: Als der Avus „Tempo 80“ verpasst wurde und der Ku’damm eine Busspur bekam, war das Geschrei groß. Inzwischen haben sich (fast) alle daran gewöhnt und gemerkt: Das waren gute Ideen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Pro: Als der Avus „Tempo 80“ verpasst wurde und der Ku’damm eine Busspur bekam, war das Geschrei groß. Inzwischen haben sich (fast) alle daran gewöhnt und gemerkt: Das waren gute Ideen. Der Vorschlag, in Berlin eine City-Maut einzuführen oder doch wenigstens eine Vignette, provoziert natürlich auch lautstarken Protest. Aber der Blick auf andere Städte in Europa zeigt, dass es eine sinnvolle Sache ist und die Kritiker am Ende merken, dass sie falsch gelegen haben. Innenstädte ohne großen Autoverkehr sind Bummel- und Einkaufsparadiese und den großen Lebensmitteleinkauf am Wochenende muss man nun wirklich nicht in der Friedrichstraße oder Unter den Linden erledigen. London und Stockholm haben es vorgemacht, gegen heftige innere Widerstände. Zurzeit wird in Wien über eine City-Maut diskutiert. Städte wie Florenz oder Siena sind schon lange völlig autofrei. Es stimmt zwar, dass man in Berlin immer noch sehr viel entspannter und staufreier Auto fahren kann als in Rom oder Paris. Aber das kann sich in den nächsten Jahren schnell ändern. Also – mutig voran! Politiker, die jetzt von „Abzocke“ oder „Wegelagerei“ sprechen, die denken doch nur mit Bangen an den bevorstehenden Wahlkampf. Solche populistischen Zugeständnisse an Menschen, die ohne Auto nicht auszukommen meinen, sind wenig sachbezogen.

Contra: Ach, es sind immer noch die alten Fronten. Die Grünen suchen nach der verlorenen politischen Identität, doch es fällt ihnen nichts anderes ein, als Ladenhüter zu reanimieren. Einer davon heißt: Auto schlecht, Fahrrad gut. Diese Ideologie hat unter den Bürgern zwar seit Jahrzehnten kaum eine Chance, doch das hindert unsere grünen Sozialingenieure nicht daran, den Hebel immer wieder neu anzusetzen. Diesmal ist es die Innenstadt-Vignette. Zwar zahlen Autofahrer Kfz-Steuer und Mineralölsteuer und Parkvignetten und Parkgebühren und Knöllchen, und sie tragen einen Riesenanteil zur ständig steigenden Mehrwertsteuer bei – aber immer noch möchte man ihnen ans Geld. Ja, die City-Maut hat in London eine gewisse Verkehrsentspannung bewirkt, doch Berlin ist nicht London. In Berlin fließt der Verkehr überwiegend unbehindert, und nur auf wenigen Strecken bringen U-Bahn oder Fahrrad gewisse Vorteile. Und die starke Belastung der Innenstadt durch Rußpartikel kann zwar durch abgestufte Fahrverbote für Dieselfahrzeuge gedämpft werden, aber nicht durch die Vignette für alle und jeden. Die wäre als Lenkungsinstrument also ein Versager, nichts als eine durchsichtige Tarnung für eine klammheimliche Steuererhöhung zu Lasten aller, die nicht an die allein selig machende Kraft des Fahrrads glauben. Sie gehört zurück in die Mottenkiste. Bernd Matthies

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