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Berlin: Nur in Männerbegleitung nach draußen

Polizistinnen aus Kabul berichten in Berlin über ihren Arbeitsalltag in Afghanistan

Die Augen der Polizistinnen sind mit dunklem Kajalstift geschminkt, die Fingernägel mit Glitterlack bemalt. Das Make-up lässt die dunkelgrüne, mit zahlreichen Abzeichen versehene Uniform der beiden afghanischen Frauen nicht ganz so streng wirken.

Frau Oberst Shafika Qurashi, 35, und ihre Kollegin, die Offiziersanwärterin Nafisa Sahar,29, sind gemeinsam mit fünf weiteren Kolleginnen für zwei Wochen aus Kabul zu Besuch nach Berlin gekommen. Eingeladen wurden sie von der „Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit“ (GTZ) im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Die Frauen sollen mit Behördenmitarbeitern bei der Kriminalpolizei und der Justiz zu sprechen, natürlich auch über ihre eigenen Erfahrungen im Polizeidienst in Afghanistan berichten.

Nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg und Talibanherrschaft sind Frauen in Afghanistan noch immer weitgehend vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Rund 70 Polizistinnen gibt es landesweit. Zum Vergleich: Allein bei der Berliner Polizei arbeiten 1817 Frauen als Vollzeit-Schutzpolizisten, 378 weibliche Beamte haben Teilzeitstellen.

Die afghanischen Kolleginnen arbeiten hauptsächlich an den Flughäfen bei der Leibesvisitation oder im Innendienst bei der Behörde. Zudem sind sie bei Vernehmungen anwesend. Auf der Straße Verbrecher zu jagen, bleibt für sie tabu. Die Frauen in Uniform dürfen nur in Begleitung eines männlichen Kollegen nach draußen. Eigenständige Ermittlungen dürfen sie nicht führen. „Wir lernen zwar den Umgang mit der Waffe, dürfen aber keine im Dienst tragen“, erzählt Nafisa Sahar. Auch Funkgeräte fehlten den Kolleginnen. „Es gibt eben noch keine Gleichberechtigung bei uns“, sagt Shafika Qurashi.

Dennoch haben sich beide Frauen, wie sie sagen, „aus Stolz und Verbundenheit mit ihrem Land“ dazu entschlossen, Polizistinnen zu werden. Obwohl nur zwanzig Prozent der Bevölkerung überhaupt Frauen als Uniformträgerinnen akzeptierten. „In den ländlichen Gebieten kommt es häufiger vor, dass wir von den Familien beschimpft werden“, sagt Shafika Qurashi. Ausreichend Lohn erhielten die Polizistinnen auch nicht. „Er reicht nicht aus, um zu überleben. Schon gar nicht, um eine Familie zu ernähren“, sagt Frau Qurashi. Sowohl männliche als auch weibliche Polizisten seien auf die Unterstützung von Verwandten und Freunden angewiesen. „Wer diese Möglichkeit nicht hat, muss irgendwie anders durchkommen“, sagt sie. Wie, darüber schweigen sich beide Frauen aus.

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