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Berlin: Obstfliege vor der Linse

Der „Merkur-Transit“ lockte Astro-Fans in die Sternwarte

Daniel Langer ist zehn Jahre alt und will lieber Sprengmeister werden, weil er gehört hat, „dass man als Astronaut oft kotzen muss“. Simone Graja ist 20 und G astronomin. Beide sind am Mittwoch mit ihren Müttern in die ArchenholdSternwarte im Treptower Park gekommen, um den MerkurTransit zu beobachten: ein schwarzes Pünktchen, das über die Sonne wandert. Erkennbar nur durchs Spezialfernrohr und nur, falls die Wolken rechtzeitig verschwinden. Nächster Transit-Termin wäre erst der 9. Mai 2016.

Daniel Langer will seine Schulklasse über den Merkur aufklären. Simone Graja dagegen hat ihrer fernrohrverliebten Mutter zum Geburtstag „zwei Sternstunden“ geschenkt. Vor dem Blick durchs Teleskop erklärt Sternwartendirektor Dieter B. Herrmann, wie der kleine Merkur um die große Sonne kreist und dabei nur alle paar Jahre zwischen Sonne und Teleskop der Sternwarte gerät.

Nüchtern betrachtet ist der Merkur-Transit so spektakulär wie eine Obstfliege, die um 7 Uhr 12 von links auf die Projektionsfläche eines Overheadprojektors krabbelt und sie um 12 Uhr 32 rechts verlässt. „Etwas langatmig für Leute, die nicht ausgesprochene Freaks sind“, sagt der Direktor. Aber die meisten der 40 Anwesenden sind Freaks, erkennbar an Fachfragen zu Brennweiten und Sonnenflecken. Ein Rentner ist im Anzug erschienen, ein anderer trägt Turnhose zum Fleece-Pulli.

Nach der Besichtigung will Daniel Langer noch immer Sprengmeister werden. Simone Graja sorgt sich um ihre Mutter: „Hier laufen so komische Gestalten rum. So Einsiedlerkrebse. Ich hab’ meiner Mama gesagt, dass ihr Hobby mir Angst macht.“ Den Merkur-Transit fand sie nicht allzu spannend. „Aber der Direktor hat das toll erklärt.“ obs

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