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Berlin: Oder doch lieber in Englisch?

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Weltgewandt, wie sie sind, reden Politiker gern in Anglizismen. Sie wissen schließlich über internationale Begriffe Bescheid. Das Problem ist nur, dass ihre Wähler zu Hause, diese Laien, oft nichts verstehen. Ab und zu fällt es den Politikern selbst auf. Dann beraten sie, wie sie ihre goldrichtige Politik den Bürgern besser erklären können.

Es soll sogar vorkommen, dass unverdauliche Kost aus dem Angebot für Normalverbraucher gestrichen wird. Wer konnte sich schon etwas unter einer One Stop Agency vorstellen? Also taucht der Name für die zentrale Stelle beim Wirtschaftssenator, die den Investoren Laufereien von Amt zu Amt abnimmt, nicht mehr auf. Doch keine Sorge, wir werden mit immer neuen phantastischen Begriffen traktiert. So ist, was man früher Frauenpolitik nannte, heute Gender Mainstreaming (Geschlechtergerechtigkeit).

Die rot-rote Koalition plant jetzt „mit Hochdruck“, wie der PDS-Abgeordnete Gernot Klemm vor dem Parlament sagte, „die Einführung des Public Corporate Governance Codex“. Was bitte? Ja, wenn das die Leute auf der Zuschauertribüne nicht begreifen, haben sie Pech. Ein Verhaltenskodex für die Unternehmen der öffentlichen Hand muss her, um Selbstbedienung zu vermeiden wie die ärgerlich hohen Gehälter in den Führungsetagen der BVG. Solche Betriebe „müssen durchschaubarer gemacht und ihre gezielte Steuerung durch das Land muss wiederhergestellt beziehungsweise verbessert werden“, meinte Herr Klemm. Man merkt: Der Begriff ist dehnbar, man kann sich vom Ehrenkodex bis zu politischen Eingriffen ungefähr alles vorstellen. Wir lasen schon vor Monaten im Pressedienst der PDS-Fraktion: „Die Stakeholder sind hier die Berlinerinnen und Berliner, anstelle der Börse sollten hier das Parlament und der Senat in ihrem Interesse die Schalthebel bedienen.“ Die Berliner als Unparteiische? Das klingt direkt komisch. Allerdings müsste es selbstverständlich sein, dass Senat und Parlament im Interesse der Berliner handeln.

Natürlich fehlte keine englische Vokabel, die die Luftfahrt zu bieten hat, in der hitzigen Parlamentsdebatte über den Plan, den City-Airport Tempelhof Ende Oktober aufzugeben, sofern bis dahin der Planfeststellungsbeschluss für den Bau des Airports Berlin-Brandenburg International in Schönefeld da ist. Alles stritt mit Lust über den „worst case“ (den schlimmsten Fall) als Konsequenz dieser Entscheidung, über Slots (zugeteilte Start- und Landezeiten) und so weiter. Wir haben auch gelernt, dass der weltläufige Klaus Wowereit keine Fluggesellschaften mehr kennt, sondern nur noch „Carriers“.

Nein, Englisch ist gar nicht so schwer. Man muss sich begrifflich nicht immer so genau festlegen und kann mithin nichts falsch machen.

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