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Drastisch reduziert. Der Begleitservice für Busse und Bahnen war ein äußerst erfolgreiches Projekt. Jetzt ist es von der Bürokratie gefährdet.

© Mike Wolff

Öffentlicher Dienst: Mitarbeiter wurden ausgemustert - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren musste der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg Mitarbeiter wegen Behördenproblems nach Hause schicken. Was Klaus Kurpjuweit damals schrieb.

In Berlin drohen Erfolgsmodelle an der Bürokratie zu scheitern. In Mitte sollen 18 Mitarbeiter des Ordnungsamtes ihren Job verlieren, damit sie sich nicht auf andere Stellen im öffentlichen Dienst bewerben können. Und der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) schränkt seinen Begleitservice für Fahrgäste im Nahverkehr, die nicht allein Bahn oder Bus fahren können, drastisch ein, weil die Jobcenter der Verlängerung der Verträge nicht rechtzeitig zugestimmt haben.

Als „Irrsinn“ bezeichnet Mittes Wirtschaftsstadtrat Carsten Spallek (CDU) die Auseinandersetzungen mit der Senatsfinanzverwaltung um das Verlängern der Verträge der Mitarbeiter des Ordnungsamtes, die zur Kontrolle der Parkraumbewirtschaftungszonen eingesetzt sind. Weil sich nicht genügend Mitarbeiter aus dem reichlich gefüllten Stellenpool des Landes gefunden hatten, stellte der Bezirk vor zwei Jahren 18 Mitarbeiter von außen ein. Die Verträge laufen nun Ende des Jahres aus.

Spallek will die Betroffenen, die sich bei der Arbeit sehr bewährt hätten, nun unbefristet übernehmen. „Aus Verantwortung den Mitarbeitern gegenüber, aber auch, um Geld zu sparen“, wie der Stadtrat sagt. Die Ausbildung neuer Mitarbeiter, die sechs Wochen dauere, und der Einnahmeausfall beim Knöllchenverteilen während dieser Zeit summierten sich auf insgesamt rund 100 000 Euro. „Kontrollettis“ auf Streife erwirtschafteten dagegen einen Überschuss; die Einnahmen seien höher als die Personalkosten.

Nein zu unbefristeten Verträgen sagt dagegen die Finanzverwaltung. Sie könnten nicht auf den Bereich der Parkraumbewirtschaftung beschränkt werden, argumentiert man im Haus von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos). Die Mitarbeiter könnten sich dann auch auf andere Stellen im öffentlichen Dienst bewerben. Zum Ausgleich müsste das Ordnungsamt neue Mitarbeiter einstellen, was mit der Haushaltskonsolidierung – und dem damit verbundenen Personalabbau – nicht zu vereinbaren wäre.

Nach Spalleks Angaben sind Wechsel von Mitarbeitern des Ordnungsamts auf andere Stellen aber äußerst selten. Zudem sieht er die Gefahr, dass sich neue Bewerber kaum noch finden ließen, wenn klar sei, dass die ohnehin nicht üppig bezahlte Stelle nach zwei Jahren wieder flöten sei. Und bereits jetzt fehlten Mitarbeiter. Mitte habe einen Bedarf von 157 Stellen ermittelt, beschäftigt seien derzeit aber nur 138 Mitarbeiter.

Unterstützt wird Spallek von den ansonsten auch aufs Sparen fixierten Grünen. Schon die befristete Einstellung der Mitarbeiter sei skandalös gewesen, sagt der haushaltspolitische Sprecher, Oliver Schruoffeneger. Die Verträge müssten umgehend verlängert werden, fordert er.

Bereits nach Hause gehen mussten beim Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) 51 von 60 Mitarbeitern des Begleitservices, der für Fahrgäste gedacht ist, die im Nahverkehr nicht alleine zurechtkommen. Der Service muss nun, wie berichtet, drastisch eingeschränkt werden, obwohl er sich nach Angaben von VBB-Chef Hans-Werner Franz „bestens bewährt“ habe. Hier könnten die befristeten Verträge innerhalb des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors (ÖBS) des Senats zwar verlängert werden, doch weil sich nach der Antragstellung die Fördervorgaben geändert hätten, wüssten die Mitarbeiter in vielen Jobcentern nicht, wie sie nun vorgehen sollten, sagt VBB-Sprecherin Elke Krokowski. Einige Jobcenter hätten die Anträge einfach umgewidmet, andere forderten neue Verfahren. Die Sozialverwaltung verweist darauf, dass die Verwaltung den Behörden gegenüber nicht weisungsbefugt sei.

Immerhin ist Franz zuversichtlich, die Bewilligungen doch noch zu erhalten und den Dienst bald wieder anbieten zu können. Bis es so weit ist, müssen sich die ohnehin benachteiligten Fahrgäste weiter einschränken.

Dieser Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren"

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