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Öffentlicher Dienst: Verdi wackelt noch

Viele Gewerkschaftsmitglieder sind unzufrieden mit dem Ergebnis der Tarifverhandlungen. Finanzsenator Nußbaum kündigt an, dass auch Beamte zeitnah einbezogen werden.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Mitgliederbefragung, mit der das Ergebnis der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst abgesegnet werden soll, bereitet der Gewerkschaft Verdi offenbar größere Probleme. Zum einen organisatorisch, weil viele tausend Gewerkschafter aus den Verdi-Fachbereichen Wissenschaft/Forschung, Bund/Länder und Gemeinden schriftlich und namentlich abstimmen müssen. Zum anderen politisch, weil die Berliner Verdi-Führung ihren Mitgliedern das Verhandlungsergebnis vom Dienstag erst noch schmackhaft machen muss.

Denn viele Gewerkschaftsmitglieder sind mit dem Ergebnis der Tarifgespräche offenbar unzufrieden. Auch der Vorstand ist noch nicht einig in der Bewertung, die den Kollegen präsentiert werden muss. Intern ist auch unklar, welches Zustimmungsquorum ausreicht, um das Ergebnis der Verhandlungen verbindlich anzunehmen. Über 25 Prozent? Mehr als 50 Prozent? „Das ist Neuland“, sagte Verdi-Sprecher Andreas Splenemann am Mittwoch. „Wir wollen ganz sicher kein Ergebnis, das die Mitgliedschaft spaltet.“ Eine Funktionärskonferenz in der nächsten Woche soll Klarheit bringen.

Die anderen beteiligten Gewerkschaften, GEW und Gewerkschaft der Polizei (GdP), haben es einfacher. Denn viele ihrer Mitglieder sind Beamte, die Zahl der Arbeitnehmer ist übersichtlich, eine Abstimmung ist der Basis auch deshalb besser zu vermitteln, weil GEW- und GdP-Vorstände mit dem Ergebnis der Tarifgespräche ungeteilt einverstanden sind. Ein Sonderproblem hat der Deutsche Beamtenbund (DBB), denn noch ist offen, wann und in welchem Umfang die Berliner Beamten von den vereinbarten neuen Tarifen profitieren. Der Berliner DBB-Chef Joachim Jetschmann forderte den Senat auf, unverzüglich einen Stufenplan zur Anpassung der Beamtenbesoldung an das Niveau der anderen Bundesländer vorzulegen. Zurzeit lägen die Grundgehälter 12 bis 25 Prozent unter dem Bundesniveau. Hinzu kämen erhebliche Kürzungen des Weihnachtsgelds und die Streichung des Urlaubsgelds ab 2003. Jetschmann kündigte Protestaktionen und die Einberufung eines außerordentlichen Gewerkschaftstages an.

Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) versprach am Mittwoch den Beamten: „Wir lassen sie nicht im Regen stehen.“ Wenn der Tarifabschluss für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes stehe, werde sich der Senat „zeitnah zu Besoldungsanpassungen für die Berliner Beamten äußern“, sagte er dem Tagesspiegel. Die neuen Tarife werden, wenn sie vertraglich gültig werden, den Landeshaushalt ab 2011 belasten. „Ich kann das Ergebnis aber verantworten und in den Doppeletat 2010/11 integrieren“, so Nußbaum. Der „eigentliche qualitative Sprung“ sei aber die vom Senat zugesagte hundertprozentige Anpassung der Gehälter an das Bundesniveau bis 2017 und der Wiedereintritt in die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL).

Der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann sieht in der Vereinbarung, die Gehälter ab August 2011 um 3,1 Prozent zu erhöhen, ein vorgezogenes Wahlgeschenk des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD). Wenige Wochen später findet die Abgeordnetenhauswahl statt. Ulrich Zawatka-Gerlach

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