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Der Streit ist geschlichtet, die Rechnung ist noch offen.

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Piraten und Grüne: Offene Rechnung für Streitschlichtung

Die Piratenpartei und die Grünen leisteten sich Profimediatoren zur Streitschlichtung. Bislang ist ungeklärt, ob die Kosten dafür der Steuerzahler übernehmen muss.

Von
  • Ulrich Zawatka-Gerlach
  • Sabine Beikler

Die Verwaltung des Abgeordnetenhauses will sich nicht zu der Frage äußern, ob der Einsatz professioneller Mediatoren von den Parlamentsfraktionen zulasten der Landeskasse abgerechnet werden dürfen. „Wir geben dazu keinerlei Stellungnahme ab“, sagte ein Parlamentssprecher dem Tagesspiegel. Die Piratenfraktion und die Grünen haben, wie berichtet, Mediatoren eingesetzt. Die Grünen zur Schlichtung einer schweren Krise in der Fraktion nach dem Scheitern rot-grüner Sondierungsgespräche. Die Abgeordneten der Piraten wollten sich coachen lassen, um bei der Verteilung der Parlamentsräume und Ausschusssitze innerfraktionellen Streit zu vermeiden.

Die Piraten holten ein Angebot für ein zweitägiges Seminar ein, das 8000 Euro kosten sollte. Die Grünen haben, neben dem Bundestagsabgeordneten Wolfgang Wieland, die Politikberaterin Michaele Hustedt beauftragt. Die frühere Bundestagsabgeordnete Hustedt hat eine professionelle Coaching-Ausbildung und ist selbstständig mit einer Politikberatung tätig. Bei der Mediation ging es vor allem darum, zwischen den beiden zerstrittenen Flügeln in der 29-köpfigen Fraktion zu vermitteln. Zunächst sprachen Wieland und Hustedt mit dem einen, dann mit dem anderen Flügel. Dann wurde mit Abgeordneten geredet, die sich nicht einer Gruppe zwingend zurechnen lassen wollten. Es folgten Einzel- und Zweiergespräche, dann wieder Gruppengespräche. Die Mediation lief etwa einen Monat lang. Dafür zahlte die Fraktion nach einem Fraktionsbeschluss insgesamt 3000 Euro. Dieser Betrag ging an die professionelle Beraterin Hustedt, Wieland half seinen Parteifreunden unentgeltlich.

Nun ist es so, dass Parlamentsfraktionen „als maßgebliche Faktoren der politischen Willensbildung“ berechtigt sind, Geld- und Sachleistungen zur Erfüllung ihrer Aufgaben abzurechnen. Laut Haushaltsplan steht jeder Fraktion 2012 ein jährlicher Grundbetrag von insgesamt 551328 Euro zu, außerdem 26 640 Euro je Abgeordnetem und ein Zuschlag für die Oppositionsfraktionen in Höhe von 261228 Euro.

Die ordnungsgemäße Verwendung dieser Mittel muss jede Fraktion durch vereidigte Buch- oder Wirtschaftsprüfer und interne Revisoren regelmäßig kontrollieren lassen. Der Parlamentspräsident veröffentlicht die Verwendungsnachweise jedes Jahr als Drucksache des Abgeordnetenhauses. Außerdem hat der Landesrechnungshof das Recht, das Finanzgebaren der Fraktionen unter die Lupe zu nehmen. Seit jeher sind die Fraktionszuschüsse ähnlich umstritten wie die Parteienfinanzierung, zumal es schwierig ist, beides voneinander abzugrenzen. Es fehlt an Transparenz.

Der Rechnungshof hat zuletzt im Jahr 2009 einen Prüfbericht vorgelegt, bei dem es um die Verwendung der Fraktionszuschüsse im Haushaltsjahr 2006 ging. Beanstandet wurde von den Prüfern zum Beispiel die Verwendung von Fraktionsbroschüren für den Wahlkampf, die Präsentation von Fraktionen auf Landesparteitagen, parlamentarische Abende, Reisen und Weihnachtsfeiern oder der Druck von Adventskalendern für Mitarbeiter der Parlamentsverwaltung. Bis heute wurden sich das Parlamentspräsidium und der Rechnungshof aber nicht einig, inwieweit diese Mittel von den Abgeordnetenhausfraktionen vor fünf Jahren abgerechnet werden durften.

Dieser Streit könnte sich jetzt beim Thema Mediatoren fortsetzen, sollten die Hausjuristen des Landesparlaments tatsächlich zu der Einschätzung gelangen, dass die „therapeutische Beratung“ von Fraktionen durch Mediatoren den Fraktionen hilft, ihre Aufgaben als „notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens“ zu erfüllen. Dann nämlich müssten die Steuerzahler für die politischen Streitschlichter aufkommen.

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