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Heute gibt das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes seine Empfehlung für Olympia ab.

© dpa

Olympia-Bewerbung in Berlin: Unternehmer Stiebitz: „Da fehlt der Dampf“

Unternehmer Michael Stiebitz kämpft für die Spiele in Berlin, für seine Aktion "Das lebende olympische Band" gab er alleine 100.000 Euro aus. Der Senat hingegen tut ihm zu wenig, um Olympia in die Hauptstadt zu holen.

Das Telefonat verlief ganz normal, Michael Stiebitz telefoniert mit einem Mitarbeiter der Berliner Olympia-Kampagne. Am Ende verabschiedete sich der Mitarbeiter höflich und nett – aber das Telefonat war nicht mehr normal. Stiebitz hätte „ausflippen können“. Denn der Mann hatte gesagt: „Schönes Wochenende“.

Der Unternehmer zitiert die Worte, als hätte ihn jemand übelst beleidigt. In den zwei Worten war alles zusammengefasst, was Stiebitz als Problem der Berliner Bewerbung empfindet. Mangelndes Engagement, Dienst nach Vorschrift, bürokratische Abläufe. „Mann“, sagt er, „wir haben doch bis zur nationalen Vergabe nur wenig Zeit!“

Der Firmenchef Stiebitz, Inhaber eines Betriebs, der alle möglichen Artikel mit Berlin-Symbolen produziert und vertreibt, sitzt in einem Café am Ku’damm und schildert, wie zwei Welten aufeinanderprallen. Hier die Rathaus-Politik, die zwar mal beschlossen hat, sich für die Olympischen Spiele 2024 oder 2028 zu bewerben, dieses Thema dann aber monatelang vergaß. Dort der hyperaktive Unternehmer Stiebitz, 58 Jahre alt, Präsident des Berliner Hockey-Clubs, glühender Verfechter von Olympia in Berlin.

Stiebitz will mehr Emotionen sehen

Was musste er schon im Herbst 2014 in Hamburg sehen? „An allen Ecken und Enden Plakate mit der Olympia-Bewerbung!“ So etwas empfand Stiebitz als Provokation. Denn in Berlin sah er: nichts.

Also beschloss er zu handeln – als Unternehmer, der keine politischen Verästelungen beachten muss. „Das lebende olympische Band“, diese Aktion mit 201 Transparenten, auf denen 100.000 Leute für Olympia in Berlin unterschrieben haben, hat er mit einem Kumpel auf die Beine gestellt. In gerade mal vier Wochen, unterstützt von vielen Vereinsmitgliedern. Rund 100.000 Euro hat ihn das Projekt gekostet. „Jeden Cent bezahle ich.“

Als Michael Müller, der Regierende Bürgermeister, die Unterschriften am Brandenburger Tor einem Vizepräsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes übergab, strahlte die Sonne und ein Fotograf schoss aus zehn Metern Höhe beeindruckende Bilder, die um die Welt gingen. „So muss das sein“, sagt Stiebitz. „Ich kenne keine andere Aktion, die so emotional ist.“

Der Unternehmer Michael Stiebitz ist nicht nur Olympia-Vorkämpfer, sondern auch Präsident des Berliner Hockey Clubs, hier mit Spielerin Natascha Keller.
Der Unternehmer Michael Stiebitz ist nicht nur Olympia-Vorkämpfer, sondern auch Präsident des Berliner Hockey Clubs, hier mit Spielerin Natascha Keller.

© dpa

Emotionen, das ist sein Stichwort. „Wir müssen Begeisterung rüberbringen. Da kann man nicht bloß sagen: Wir hauen Hamburg weg.“ Stiebitz denkt nicht bloß an das Umfrageergebnis, das auch über den Zuschlag für Hamburg oder Berlin entscheidet, er denkt grundsätzlich. Aber bei dieser Kampagne? „Da fehlt der Dampf.“

Eines seiner Transparente hat er im Roten Rathaus aufgehängt. „Wäre doch eine gute Idee, Transparente in allen Bezirksrathäusern aufzuhängen“, hatte er der Senatskanzlei geschrieben. Die antwortete, laut Stiebitz: „Tolle Idee, wir schlagen vor, sie schreiben mal alle Rathäuser an.“ Na wunderbar, sagt Stiebitz. Sein Brief wäre doch kaum beachtet worden. „Es macht wohl mehr Eindruck, wenn Sie das machen“, schrieb er zurück. Stiebitz rollt die Augen. Wieder ein Beleg für ihn, dass vieles zäher läuft als nötig.

Immerhin, Björn Böhning, Chef der Senatskanzlei, „hat an die zwölf Berliner Bezirke geschrieben“ und „um Unterstützung gebeten“. Das teilt Daniela Augenstein mit, die Sprecherin der Senatskanzlei. Einige Bezirke, etwa Treptow-Köpenick, hätten sich an der Aktion beteiligt.

Der Unternehmer ist irrititiert von Berlin Partner

Auch mit Berlin Partner, dem Netzwerk der Berliner Unternehmer, hat Stiebitz seine Probleme. Der Firmenchef stellt einen VW-Bully, der vollgekritzelt ist mit Unterschriften von Olympiafreunden, und einen Fahrer. Der Oldtimer ist Teil der Kampagne und taucht bei Sportveranstaltungen oder auf Wochenmärkten auf. Einige Touren arbeiten Berlin Partner und Stiebitz gemeinsam aus. Aber dann, klagt Stiebitz, „rollt der Bully auf einen Wochenmarkt, weiß nicht, wo er parken darf, es ist kein Ansprechpartner für den Fahrer da, nichts ist organisiert worden“. Also „haben wir das alles auf eigene Faust gemacht“.

Bei Berlin Partner ist man „erstaunt über die Vorwürfe“. Ein Vertreter des Netzwerks sagt: „Nach unserer Information ist alles im Vorfeld gut organisiert worden“. Stiebitz habe diese Kritik intern auch nie geäußert.

Stiebitz’ Firma vertreibt über einen Online-Shop außerdem Olympia-Werbeartikel, Klatschpappen, Buttons. Die Bestellungen bearbeiten seine Leute, das Material wird von Berlin Partner bezahlt. Mit Ausnahme von T-Shirts ist alles kostenlos – das ärgert Stiebitz. Denn plötzlich kamen 1200 Bestellungen aus ganz Deutschland, vier mal so viele wie sonst. Der Grund: Auf einem Gratis-Portal wurde verkündet, dass in Berlin Luftballons und Sonstiges etwa für Kindergeburtstage zu holen sind. „Kostenlos darf man solche Dinge nicht anbieten, das lädt zu Missbrauch ein“, sagt Stiebitz. Berlin Partner verteidigt die kostenlose Verteilung: „Wir wollen, dass möglichst viele Werbemittel für Olympia in Berlin zu sehen sind.“

Nach der Massenbestellung einigten sich Stiebitz und Berlin Partner schnell auf eine neue Regelung. Jetzt gehen die Werbemittel nur noch an Leute aus Berlin und Umgebung. Auf der Gratis-Plattform steht zwar immer noch der Hinweis auf Stiebitz’ Shop, aber die Zahl der Bestellungen hat erheblich abgenommen. Der Unternehmer hat dafür eine einfache Erklärung: „Wir sind auf dem Portal auf Seite 37 gerutscht."

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