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Hertha BSC - 1. FC Nürnberg 1:2

© dpa

Olympiastadion: "Wir können froh sein, dass wir den Graben haben"

Nach dem Gewaltexzess im Anschluss an das Hertha-Spiel Olympiastadion gab es 25 Festnahmen. Weitere Randalierer werden jetzt gesucht.

Wie die Fans von Hertha BSC aufs Spielfeld gelangten? Ganz einfach: Nötig ist ein bisschen Mut und schon ist man mit einem beherzten Sprung von der Steinbalustrade im Stadioninnern angelangt. 2,70 Meter ist der „Reportergraben“ tief und zwei Meter breit. Man muss ihn nicht mal überspringen, man kann sich auch in den Graben fallen lassen und auf der anderen Seite wieder hochklettern. Er schreckt ab, ist aber kein Hindernis – eher ein Sicherheitsrisiko im Panikfall, wie „Stiftung Warentest“ 2006 urteilte.

„Wenn die Massen sich einmal bewegen, hältst du die nicht auf“, sagt Herthas Fan-Beauftragter Donato Melillo, der im Stadion-Innenraum stand und selbst übel beschimpft wurde. Stadion-Chef Peter von Löbbecke sagte dagegen: „Wir sollten froh sein, dass wir den Graben haben, sonst wäre die ganze Kurve losgelaufen.“ So waren es nur 150 von 58 000, die erst einzeln – was gegen eine geplante Aktion spricht – und dann nach und nach auf die Tartanbahn kletterten, in der Hand Fahnenstangen aus Plastik. Zu Bruch gingen bei dem Exzess die Ersatzbank und Werbebanden. Die Ordner hatten sich zurückgezogen, aus Selbstschutz und aus Taktik. Auf dem Rasen konnten die Fans nicht viel kaputtmachen.

Die Zeit des langsamen Rückzuges der Ordner nutzte die Polizei, die während der Spiele in der Arena nie groß präsent ist, sondern in den Katakomben bereitsteht. Sie formierte sich, um die Fans vom Rasen zurück in die Kurve zu jagen. 25 Randalierer wurden festgenommen, nach weiteren Tätern wird gesucht. „Die Polizei war sehr schnell da“, sagte Herthas Manager Michael Preetz. 400 Beamten waren im Stadion – mehr Beamte als sonst. Eine Hundertschaft war wegen der Nürnberger Ultras, die zuletzt jede Kooperation mit der Polizei abgelehnt hatten, zusätzlich ins Stadion abkommandiert worden. Da die Nürnberger Fans sich letztlich kooperativ gezeigt hätten, seien 100 Polizisten zu viel im Stadion gewesen. Deshalb habe man es sich leisten können, einen Teil zu einem anderen Einsatz abzukommandieren.

Auch „die Ordner haben richtig und sehr besonnen reagiert“, sagte Preetz. Dies habe der Deutsche Fußball-Bund dem Klub in einer ersten Reaktion bescheinigt. Bei brisanten Spielen sind weit mehr als 500 Ordner im Dienst. Hertha BSC und die Polizei werten nun die Videobilder aus; im Stadion gibt es über 30 Kameras. Viele Fans waren vermummt, hatten sich die Kapuze ihrer Jacke über den Kopf gezogen und den Schal vors Gesicht. Wer erkannt wird, bekommt von Hertha drei Jahre Stadionverbot, das bundesweit gilt – auch für die Zweite Liga.

Platzstürme sind nicht so selten: 1993 sprangen 2000 Hertha-Fans auf den Platz, als sie den Einzug ins DFB-Pokalfinale feierten. Oder 1997, bei Herthas Bundesligaaufstieg. Oder 2006, bei der Fußball-WM, als immer wieder „Flitzer“ über den Graben hechteten. Strafe damals: Hausverbot und 140 Euro. So billig kommen die Fans jetzt nicht davon.

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