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Berlin: Oswalds Woche: Lügen erleichtern das Leben

Okay Jungs, mal ganz ehrlich, wir sind hier unter uns, die Frauen hören gerade nicht zu: Einer von euch hat gesagt, er wage nicht zu widersprechen, wenn ich sage, dass alle Männer lügen. Aber er würde gerne höflich zu bedenken geben, dass es auch Frauen gebe, die schon ein Mal gelogen haben.

Okay Jungs, mal ganz ehrlich, wir sind hier unter uns, die Frauen hören gerade nicht zu: Einer von euch hat gesagt, er wage nicht zu widersprechen, wenn ich sage, dass alle Männer lügen. Aber er würde gerne höflich zu bedenken geben, dass es auch Frauen gebe, die schon ein Mal gelogen haben. Aber schon auf die ganz einfache Frage, ob er eine Frau nennen könne, die schon ein Mal gelogen hat, musste er passen. Da stellt dieser Mann eine Behauptung auf und kann noch nicht einmal ein Beispiel nennen. Nehmen wir einmal an, er hätte Recht: Selbst wenn eine Frau einen Mann belügt, dann doch nur, um ihm nicht weh zu tun. Oder wollt Ihr wirklich die ganze Wahrheit wissen, was eine Frau von euch denkt? Charmante Lügen machen das Leben doch viel schöner. Das Problem ist nur, dass Frauen diese Kunst - wie alle schönen Künste - besser beherrschen als Männer. Wenn dagegen umgekehrt Männer Frauen belügen, dann wollen sie doch nur Auseinandersetzungen aus dem Weg gehen, von denen sie wissen, dass sie die schlechteren Argumente haben. Wie kann man eine solche Haltung beschreiben? Als feige? Das klingt zu hart. Sagen wir: opportunistisch.

Auch mit Unterlassungen kann ein Mann lügen. Er erzählt nicht alles, sondern nur das, was seinem Wohlbefinden nützt.

Aber kommen wir endlich zum Positiven. Ein Beispiel: Filmboss Bernd Eichinger. Selten hat es eine so verpatzte Premiere gegeben, wie in der "Bar jeder Vernunft", als seine Freundin Corinna Harfouch und ihre Schwester Catherin Stoyan versuchten, als aufgekratztes Gesangsduo das Berliner Publikum zu begeistern. Die "Bloody Daughters" wurden ausgebuht. Bernd Eichinger, Fels in der Brandung, nahm Corinna Harfouch in den Arm und tröstete sie. Und jedem, der es wissen wollte, sagte er entschlossen: "Ich fand es witzig, schnell und wahnsinnig gut gespielt".

Hat Bernd Eichinger gelogen? Wissenschaftler behaupten, der Mensch lüge im Durchschnitt 200 Mal am Tag, weil er damit einfach besser durchs Leben komme, als wenn er immer die Wahrheit sagen würde. Aber warum soll Eichinger gelogen haben? Vielleicht fand er die Freundin wirklich ganz toll auf der Bühne.

Auf der Bühne ist wahrlich nicht alles echt. Die angebliche Milch in der Schaubühne zum Beispiel. In "S" von Sasha Waltz werde nichts ausgelassen, sogar mit Milch würden sich die Schauspieler begießen, hatte es vor der Premiere werbewirksam geheißen. Nach einigen Proben nahm das Theater Abstand von der Idee. Verschüttete Milch lässt sich nur schwer gründlich vom Boden entfernen und riecht nach einiger Zeit entsetzlich. Jetzt wird in der letzten Szene Kreidewasser verschüttet. Der Schauspieler Udo Kroschwald vom Deutschen Theater zitierte einen alten Spruch: "Ein Schauspieler muss den Handstand nicht können, er muss ihn nur täuschend echt nachahmen." Derzeit probt Kroschwald für die Komödie "Poker". Pokerspielen könne er nicht, sagte er. Das zumindest ist keine Lüge. Als der Intendant des Theaters wechselte, pokerte er hoch. Dem neuen Chef Bernd Wilms sagte er, er wolle nicht nur den Leuchter halten, wenn Filmstars auftreten. Das war ehrlich. Die Antwort war auch ehrlich. Sein Vertrag wurde nicht verlängert.

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