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Berlin: Palast-Abriss: Strieders Wiese ist zu wenig Die Nachfolgerin des Bausenators will neue Ideen für den Schlossplatz – Kunstaktion hat begonnen

Viele hoffen, dass der Palast jetzt wieder eine Zukunft hat.

Weiße StretchLimousinen hielten vor „Erichs Lampenladen“, jeder durfte eine Runde drehen, wurde anschließend von Paparazzi bedrängt und auf dem Roten Teppich zum Exklusiv-Interview über sein jüngstes Filmprojekt gedrängt. Diese Berlinale-Persiflage war am Freitagabend der Auftakt für die große Party zur Eröffnung des „Volkspalasts“. Vor ausverkauften Haus feierten rund 2500 Gäste den Beginn des kulturellen Zwischennutzung im ehemaligen Palast der Republik. Bis zum geschichtsträchtigen Datum 9. November wird es in dem entkernten Haus Theater, Tanz, Partys und Lesungen geben. Fast 14 Jahre nach seiner Schließung ist der entkernte und asbestsanierte Bau wieder für alle offen. In den kommenden drei Monaten gibt es nacheinander 15 Projekte, die von der Bundeskulturstiftung, dem Hauptstadtkulturfonds und von privaten Sponsoren getragen werden. Im kommenden Jahr soll der Bau jedoch abgerissen werden.

Die bisherigen Pläne sehen anstelle des Palasts eine Grünfläche vor. Doch das reicht Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) nicht: „Nur eine Wiese ist zu wenig.“ Die Wiese war eine Idee ihres Amtsvorgängers Peter Strieder. Junge-Reyer ist nun gespannt auf die Ergebnisse eines Wettbewerbs unter jungen Landschaftsarchitekten, den ihre Verwaltung ausgelobt hat. „Der diesjährige Peter-Joseph-Lenné-Preis wird auch für gute Ideen für das Schlossplatz-Areal vergeben.“ Junge-Reyer verspricht sich „viele fantasievolle Ideen der jungen Leute“, schließlich sei der Platz „spannungsreich und hoch attraktiv“. Kosten dürften die Umsetzung der Pläne allerdings nicht viel. Schließlich hat das Land kein Geld.

Die Abrissarbeiten sollten so ablaufen, so Junge-Reyer, dass die auf dem Schloßplatz geplanten Beachvolleyball-Weltmeisterschaften dort stattfinden können. Dass die jetzt begonnene Zwischennutzung der Palast-Ruine den nun festgelegten Fahrplan zum Abriss durcheinander bringen werde, erwartet sie nicht. Doch genau darauf hoffen die Zwischennutzer. Auch der Schirmherr der Kultur-Aktionen, Kultursenator Thomas Flierl (PDS) sieht jetzt die Chance, wenigstens das auf ihr Gerippe reduzierte Gebäude noch zu retten: „Die Zwischennutzung nimmt den Palast der Republik als das, was er sein könnte, als Rohbau für eine Zukunft mit dominant öffentlicher Nutzung.“ Solchen Gedankenspielen erteilt die Stadtentwicklungssenatorin eine Absage: „Ich stehe zum Abriss im kommenden Jahr.“

Der Eröffnungsabend der Kunstaktion war eine hemmungslose Huldigung der Ostalgie. Auf Rollrasen sangen Picknick-Pioniere „Guantanamera“ und „We shall overcome“. Mitgebrachte Privat-Stehlampen fanden sich zu einem Volks-Lampenkonzert zusammen, das vom Volk am Dimmer-Pult dirigiert werden darf. Das Spiel mit den Klischees fanden alle lustig, selbst diejenigen unter den Gästen, die damals im Palast des Republik gefeiert und gespeist haben. Die Masse des Publikums waren allerdings hippe Szenegänger von heute.

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