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Berlin: Pas de deux in der Manege

Was anziehen zur Premiere des Großen Chinesischen Staatszirkusses? Etwas China-Restaurant-Lampion-Rotes, entschieden Hunderte Berlinerinnen.

Was anziehen zur Premiere des Großen Chinesischen Staatszirkusses? Etwas China-Restaurant-Lampion-Rotes, entschieden Hunderte Berlinerinnen. Und kamen in roten Kleidern, in roten Pullis, Röcken, Hosen, Schals. Zusammen mit den rotplastenen Sitzen rund um die Manege ergab das ein fast weihnachtliches Bild, auf jeden Fall Geschenkestimmung. Mit Applaus und Johlen begrüßten die Besucher sogar den Einzug der prominentesten Gäste: Innenminister Otto Schily und Chinas Kulturminister Jiazheng Sun. Letzterer war angereist, weil der Zirkus Teil des deutsch-chinesischen Kulturaustausches ist. In der Heimat werden die Artisten wie Popstars verehrt. Viele von ihnen, die noch bis Ende Januar in der Manege auf dem Festplatz am Kurt-Schumacher-Damm zu sehen sind, haben schon internationale Auszeichnungen gewonnen.

Wie die fliegenden Mädchen aus Guangdong zum Beispiel, die irgendwann in der Mitte dran waren, als die Hände schon schmerzten vom vielen Klatschen und der Nacken vom Hochgucken. Immer gleichzeitig hopsten zwei von Springturm runter auf ein Schleuderbrett, und das Mädchen, das auf der anderen Seite der Wippe stand, schnellte durch den Zirkushimmel, hoch, höher, und landete sicher balancierend auf der Spitze eines gold-rot-glitzernden Turms aus Mädchenleibern. Artistik, nur von Frauen, aber für Männer. Erotik lag wie ein feiner Duft in der Luft. Auch beim Jongleur mit den wirbelnden Bällen, den hübschen Muskeln und dem frechen Lächeln. Und bei der kindlichen Schlangenfrau mit dem kurzgeschorenen Haar, die aus dem eigenen Körper bizarre Skulpturen formte, als sei sie aus Gummi und sich um den Geliebten wickelte, als wolle sie an ihm festwachsen.

Eine Unglaublichkeit nach der anderen hatten Augen und Sinne zu verarbeiten, so dass manche Nummern schon nicht mehr den Applaus bekamen, den sie verdient gehabt hätten. Aber nur einmal, stumm entzückt, vergaßen die Gäste das Klatschen ganz: beim Pas de deux von Wei Baohua und Wu Zhengdan. Winzig und zierlich tanzte die Ballerina auf seinen Schultern Spitze, untermalt von leiser Klassik. Diesmal passte die Musik perfekt. Doch sonst war sie oft ein Wermutstropfen im Zirkuscocktail: ein bisschen viel Dortmunder Stadtkirmes. Ein bisschen mehr Asien wäre schön gewesen.

rcf

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