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Berlin: PDS will Rot-Rot eine zweite Chance geben

Parteitag beschließt Koalitionsverhandlungen mit den Sozialdemokraten - falls die das heute auch wollen

Die Berliner Linkspartei/PDS will die Koalition mit der SPD fortsetzen. Mit 94 gegen 19 Stimmen und bei sechs Enthaltungen beschlossen am Donnerstagabend die Delegierten eines Sonderparteitages, mit den Sozialdemokraten die Verhandlungen aufzunehmen. Ob es dazu kommt, liegt nun in den Händen des SPD-Landesvorstandes. Der will heute Abend entscheiden, ob man mit den Grünen oder mit der PDS Koalitionsverhandlungen aufnehmen will.

Zuvor hatten der Linkspartei-Landesvorsitzende Klaus Lederer und Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi bei den zum Teil noch unentschlossenen Delegierten dafür geworben, sich nach dem schlechten Abschneiden bei der Wahl am 17. September nicht vorschnell in die Opposition zurückzuziehen. „Wenn wir etwas erreichen können, was mehr soziale Gerechtigkeit bringt, dann wäre es gegenüber den Berlinern unverantwortlich, darauf zu verzichten“, sagte Gysi. An die Verhandlungsführer seiner Partei appellierte er, die Latte für die SPD aber nicht zu niedrig zu hängen. „Wir müssen diesmal mehr draus machen“, sagte er in Anspielung auf die Koalitionsverhandlungen vor knapp fünf Jahren, die er noch selbst geführt hatte.

Parteichef Lederer stimmte seine Genossen darauf ein, dass mögliche Koalitionsgespräche mit der SPD erst der Anfang eines schwierigen Weges seien. Die Verhandlungsführer würden darum kämpfen, so viele Forderungen der PDS wie möglich in einem Vertrag mit den Sozialdemokraten festzuschreiben. Er kündigte an, dass die Linkspartei sich in einer möglichen Fortsetzung von Rot-Rot stärker gegenüber der SPD profilieren müsse. In der vergangenen Legislaturperiode habe es die Partei nicht vermocht, „zentrale Projekte unserer Regierungstätigkeit zu entwickeln, zu kommunizieren und so durchzusetzen, dass sie als Ergebnis unseres Handelns erkennbar waren und honoriert wurden“.

Sollte die SPD sich heute für Koalitionsverhandlungen mit der PDS entscheiden, sieht Linksparteichef Lederer sechs Vorhaben als vorrangig an, bei denen nach Ansicht der Parteispitze eine Einigung mit den Sozialdemokraten möglich wäre. Neben der Festlegung auf freiwillige Pilotprojekte für längeres gemeinsames Lernen in den Schulen sei dies vor allem die Verpflichtung, keine weiteren Landesunternehmen zu privatisieren. Auch der Einstieg in einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor sei mit der SPD möglich. Der Kitabesuch soll nach PDS-Vorstellung nicht nur für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren kostenfrei werden, wie es auch SPD-Spitzenkandidat Klaus Wowereit im Wahlkampf angekündigt hat, sondern auch für Kinder im Alter unter drei Jahren. Rot-rote Übereinstimmung sieht Lederer auch beim Vorhaben für ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus. Nur bei der kategorischen Ablehnung von Studiengebühren gebe es noch einen Dissens.

In der teils sehr emotionalen Aussprache hielten sich Unterstützer und Skeptiker der Regierungsbeteiligung die Waage. Plädoyers für den Gang in die Opposition kamen vor allem vom linken Parteiflügel. Mehrmals sagten Redner, dass man nicht einfach weiter regieren könne, nachdem die PDS in Teilen der Stadt die Hälfte ihrer Wähler verloren habe. Zuspruch bekam die verhandlungswillige Parteiführung von Bundesprominenz, zu der neben Gysi auch Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch gehörte, dazu auch von Kultursenator Thomas Flierl.

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