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Baupfusch ist an einigen Gebäuden am Potsdamer Platz zu finden.

© Kitty Kleist-Heinrich

Pfusch am Bau: Es tropft und bröckelt an Berlins Top-Adressen

Betroffen der Potsdamer Platz, der Flughafen, der BND-Neubau und das Regierungsviertel: Pfuschende Firmen und geänderte Planungen verursachen Millionenkosten.

Wasser im Café. Wasser in der Tiefgarage. Wasser im Supermarkt. Am Potsdamer Platz kämpfen die Manager des Areals gegen Baupfusch und mangelhafte Einbauten. Wegen einer undichten Leitung am Tresen ist das Café Möhring seit Neujahr geschlossen. Das Holz war so angegriffen, dass der komplette Boden herausgerissen werden muss. Auch in der Tiefgarage im vierten Untergeschoss stehen mehrere Pfützen: Das Grundwasser drückt in das Gebäude hinein.

Baumängel an Berliner Topadressen – der Potsdamer Platz ist kein Einzelfall. Im BND-Neubau für die deutschen Spione montierte eine Firma die Lüftungskanäle falsch und verursachte einen Millionenschaden. Undichte Wände, Risse sowie Mängel beim Brandschutz im Kanzleramt zwangen Angela Merkel vor gut einem Jahr, ihr Büro im siebten Geschoss zu verlassen. Das Mängelprotokoll für das ganze Regierungsviertel listet Schäden in Höhe von 70 Millionen Euro auf. Am Hauptbahnhof müssen wenige Jahre nach der Eröffnung Verbindungsteile der Schienen auf den Brückenkonstruktionen aufwendig ausgetauscht werden, weil sich Schrauben gelockert haben. Und auch am Flughafenneubau, der noch gar nicht abgeschlossen ist, musste mehrfach nachgebessert werden, zum Beispiel in den Parkhäusern. Grundlegende Mängel gebe es aber nicht, sagte Sprecher Ralf Kunkel.

Schadhafter Beton ist immer wieder eine Ursache, auch bei den Stelen des Holocaust-Mahnmals, aber warum? „Weil die Betonmenge ganz genau berechnet wird, um Kosten zu sparen“, sagt der Bausachverständige Peter Wagner. Das kann gut gehen, wenn „filigran gearbeitet“ werde. Doch dies sei aus Zeitnot oft nicht drin. Denn „gerade bei öffentlichen Bauvorhaben herrscht die Mentalität ,Geiz ist geil‘“, sagt Wagner.

Um zu sparen oder weil irgendwer es wünscht, würden Pläne auch gern mitten in der Bauphase verändert, sagt Architekt Christoph Langhof. Dabei sei das „erste Gebot“ der Kostenkontrolle: Erst detaillierte Pläne fertigstellen, dann ausschreiben – „und danach nichts mehr ändern“! Langhof sagt aber auch: „Ohne Fehler geht es nicht, denn jedes Haus ist eine Einzelanfertigung“. Testläufe wie im Automobilbau gebe es nicht. Trotzdem würden auch Autos oft genug zurückgerufen.

„Wir versuchen seit zehn Jahren, die Ursache für die Undichtigkeiten im zweieinhalb Meter dicken Beton zu finden“, sagt Thomas Schmalfuß, Geschäftsführer der Potsdamer Platz Management GmbH. Um den Baumangel zu bekämpfen, sind im untersten Deck der Tiefgarage mehrere Testfelder weiß umrandet, dort werden verschiedene Dichtungstechniken erprobt. Wenn die richtige gefunden ist, soll der gesamte Boden damit behandelt werden. Autos sind hier trotzdem abgestellt. „Die Tiefgarage bleibt in Betrieb“, sagt Manager Schmalfuß. Nur die Aufzüge am Supermarkt im südwestlichen Teil fahren nicht in das unterste Deck. Wegen der Versuchsfelder, sagt Schmalfuß, die Leute sollten nicht in einer Baustelle landen.

Der Wasserschaden in einer Wand des Kaiser’s Supermarktes hatte eine andere Ursache: Dort platzte eine Abwasserleitung. Der Inhaber des Café Möhring, Hans-Georg Marten, will möglichst schon zum Wochenende wieder aufmachen, spätestens aber zur Berlinale. Während der Filmspiele laufen die Geschäfte besonders gut. Die Kosten für die Sanierung und für das in dieser Zeit ausgefallene Geschäft beziffert der Café-Betreiber mit ungefähr 300 000 Euro. Das letzte verbliebene Café der Kaffeehauskette, dessen erstes Haus 1898 an der Ecke Uhlandstraße/Kurfürstendamm in Charlottenburg geöffnet hatte, musste 2009 am Gendarmenmarkt einem Brauhaus weichen und zog vor zwei Jahren ins Weinhaus Huth.

Bauschäden und Mängel – verliert der Potsdamer Platz seinen Nimbus als modernstes Quartier der Stadt? Nein, sagt Manager Schmalfuß. „Wir haben gerade größere Büroflächen im Hochhaus von Hans Kollhoff für 21 Euro je Quadratmeter vermietet.“ Sehr viel mehr zahlten Mieter allenfalls in der Toplage Pariser Platz. Deshalb rechnet Schmalfuß nicht mit nennenswertem Leerstand nach dem Auszug von Daimler, „abgesehen von den neun bis zwölf Monaten, die der Umbau für neue Mieter kostet“. Die ersten Mietverträge von Daimler enden erst im Dezember, weitere Flächen würden noch bis Herbst 2013 von Daimler genutzt.

Durch den Auszug des Autokonzerns werden 30 000 Quadratmeter frei. Die Fläche verteilt sich aber über das ganze Quartier: Vier Büroetagen werden im Kollhoff-Hochhaus frei, andere in Renzo Pianos Turm mit dem grünen Würfel sowie in Richard Rogers Gebäude.

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