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© Laif

Photovoltaik: "Solarhauptstadt Berlin" sieht finster aus

Berlins Dächer im Angebot, doch niemand will sie haben: Öffentliche Gebäude sollen seit Dezember mit Solaranlagen bestückt werden - vermietet sind jedoch nur zwölf. Für die Grünen ist der Plan der Umweltsenatorin ein "Flop erster Güte".

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Die Absicht hörte sich gut an. Im Dezember beschloss das Abgeordnetenhaus: „Ziel ist es, dass in drei Jahren mindestens die Hälfte aller geeigneten Dächer mit Photovoltaikanlagen ausgestattet ist.“ In dem von der Koalition eingebrachten Beschluss heißt es: „Der Senat wird beauftragt, alle geeigneten Dächer auf öffentlichen Gebäuden verstärkt für Solaranlagen zur Verfügung zu stellen.“ Ein paar Monate später aber sieht es für die „Solarhauptstadt Berlin“ sehr finster aus. Das Ziel des Beschlusses, so die verantwortliche Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke), sei „nicht realistisch“.

Lompscher legte dem Abgeordnetenhaus eine Zwischenbilanz der sogenannten Solardachbörse vor. Deren Prinzip ist es, Investoren Platz für Sonnenstromanlagen zur Verfügung zu stellen und über die Dachmiete an ihren Einnahmen beim Verkauf des Stroms beteiligt zu werden. Weil die Börse seit ihrer Gründung im Jahr 2002 nur sehr überschaubare Erfolge verbucht, wollte ihr das Abgeordnetenhaus mit seinem Beschluss ein wenig auf die Sprünge helfen.

Von 129 angebotenen Dächern wurden bisher jedoch erst zwölf vermietet. Das sei die gleiche Zahl wie vor einem Jahr, kritisiert der energiepolitische Sprecher der Grünen, Michael Schäfer. Lompscher habe die Solardachbörse auf den Berliner Energietagen 2007 als wesentliche Initiative vorgestellt. Das jetzt vorgestellte Ergebnis sei „ein Flop erster Güte“, sagt Schäfer.

Laut Umweltverwaltung liegt die schwache Nachfrage zum einen daran, dass es sonnigere Regionen gebe als Berlin, so dass die Betreiber hier zwangsläufig weniger Strom erzeugen und verkaufen können. Zum anderen ist es in der Verwaltung ein offenes Geheimnis, dass Interessenten es in den Bezirken nicht immer leicht haben, zumal oft mehrere Stellen mitreden – vom Schulamt bis zum Hausmeister. Drei Bezirke – Treptow-Köpenick, Reinickendorf, Mitte – sparen sich die Präsentation ihrer Dächer auf der Internetseite des Senats gleich ganz. Wobei der inhaltlich veraltete und mühsam zu findende Online-Auftritt auch kein Aushängeschild ist. Die halbstaatliche Berliner Energie-Agentur, die den Senat in Umweltfragen unterstützt, will das jetzt ändern. Man arbeite an der Aktualisierung, heißt es. Bisher allerdings ergibt der Suchbegriff „Solardachbörse“ auf der Webseite der Agentur überhaupt keinen Treffer.

Die Umweltverwaltung kündigte jetzt einen Brief an die Bezirke an. Darin sollen die Ämter aufgefordert werden, die Solardachaktion als Wirtschaftsförderung zu betrachten und Investoren dementsprechend zu betreuen. „Auch der Senat und nicht nur die Bezirke sollte Investoren besser betreuen“, sagt Schäfer.

In Lichtenberg, wo auf Schuldächern sechs Solaranlagen sauberen Strom produzieren, hat Wirtschaftsstadtrat Andreas Prüfer (Linke) noch andere Hürden ausgemacht: Unsanierte Dächer fallen ohnehin aus, bei anderen schrecke schon eine Stunde Schatten pro Tag durch ein Nachbarhaus oder einen Baum die Interessenten ab. Ein Investor habe einen Vertrag unterschrieben, aber dann nicht gebaut. Und die Finanzierung hält Prüfer auch für missglückt: Die Dachmiete – je nach Schule zwischen 300 und 1500 Euro pro Jahr – würde er lieber den Schulen überlassen, weil die bisher überhaupt nicht profitierten und die Kosten fürs Bezirksamt ohnehin höher seien.

In dem Parlamentsbeschluss vom Dezember heißt es, die Dächer sollten möglichst mietfrei zur Verfügung gestellt werden. Lompscher will die Entscheidung darüber den Bezirken überlassen. Zugleich merkt sie aber an, dass eine Mietfreiheit „den Anreiz für die Dächeranbieter senken“ würde. Wobei es aber, wie Lompscher übrigens selbst erklärt, an der Nachfrage hapert und nicht am Angebot. Und: Auf Privathäusern gibt es die Fotovoltaikanlagen längst zu Hunderten. Grünen-Politiker Schäfer fordert deshalb, die Dächer öffentlicher Gebäude Investoren mietfrei zu überlassen. Selbst in der bayerischen Landeshauptstadt München mit mehr Sonnenstunden pro Jahr als in Berlin müssten Investoren für öffentliche Solardächer keine Miete zahlen.

Eine Hoffnung hat die Umweltverwaltung noch: Die landeseigene Immobiliengesellschaft BIM untersucht zurzeit ihren Bestand auf Solareignung. Mit einem zentral gemanagten Gebäudepool könne man vielleicht doch noch Investoren gewinnen: Bisher erzeugt nur eine einzige Solaranlage auf einem landeseigenen Gebäude klimafreundlichen Strom.

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