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Christopher Lauer (r.) oder Andreas Baum: Wer wird Fraktionsvorsitzender?

© Reuters

Der Preis des Sieges: Piraten können keinen Stadtrat stellen

Die Piraten sind in sämtliche Bezirksverordnetenversammlungen eingezogen. Sie werden aber nicht alle 56 Mandate annehmen können. In einem Fall droht ihnen sogar ein besonders schmerzlicher Verlust.

Der Piratenpartei ist nicht nur auf Landesebene ein außerordentlicher Erfolg geglückt: Die Piraten sind auch in sämtliche Bezirksverordnetenversammlungen eingezogen. Sie werden aber nicht alle 56 Mandate annehmen können, manche Listen sind schlicht zu kurz. In einem Fall droht den Piraten ein besonders schmerzlicher Verlust: Ihnen wird voraussichtlich in Friedrichshain-Kreuzberg ein Bezirksstadtratsposten entgehen – der einzige, der ihnen landesweit zustünde.

Der Grund: Drei Kandidaten wurden nicht nur in die BVV gewählt, sondern auch in das Abgeordnetenhaus. Sie müssen sich aber laut Wahlrecht für eines der Mandate entscheiden – und das andere verfallen lassen. Zwei von ihnen, Fabio Reinhardt und Alexander Morlang, haben bereits gesagt, sie hätten sich für das Landesmandat entschieden. Damit ginge der Stadtratsposten an die Linkspartei, die in der BVV anstelle der Piraten die drittstärkste Fraktion stellen würde.

Reinhardt nennt diese Möglichkeit allerdings ein „explizites Ignorieren des Bürgerwillens“. Er wolle eine einvernehmliche Lösung, man werde den Sachverhalt aber juristisch prüfen lassen.

Es ist eines von mehreren Beispielen, die zeigen, dass die Piraten erst noch ankommen müssen im parlamentarischen Betrieb. Das aber haben sie vor: „Wir freuen uns darauf, jetzt Verantwortung zu übernehmen“, sagte Landeschef Gerhard Anger am Montag. Spitzenkandidat Andreas Baum sagte, wer die Piraten immer noch für eine Klamaukpartei halte, solle bis zur ersten Parlamentssitzung abwarten.

Noch ist nicht klar, ob tatsächlich alle fünfzehn Gewählten ihre Mandate annehmen. „Grundsätzlich sind alle bereit“, sagte Baum. Endgültig entschieden hatten sich vor der ersten Fraktionssitzung am Montagabend aber noch nicht alle. Klar ist auch noch nicht, wer Fraktionsvorsitzender werden soll. „Ich stehe bereit, aber ich erhebe keinen automatischen Anspruch“, sagte Baum. Einer seiner Konkurrenten könnte Christopher Lauer sein, einer der bekanntesten Berliner Piraten, dem seine Partei die Spitzenkandidatur allerdings verweigert hatte. Er sagte: „Derjenige, der zuerst sagt, dass er will, wird es auf keinen Fall.“

Klar ist immerhin: Wie bisher schon soll sich bei den Piraten viel um Transparenz drehen. Auf der Internetseite www.piratenfraktion-berlin.de wollen die Abgeordneten künftig über ihre Arbeit informieren. „Die Sendung mit der Maus aus dem Parlament“, so nannte es Christopher Lauer. „Wir wollen unseren Lernprozess öffentlich dokumentieren: Was ist eine kleine Anfrage? Was ist ein Ausschuss?“ Fragen wie diese soll die Seite bald beantworten. Auch die Mittel aus der Wahlkampfkostenerstattung wollen die Piraten in Infrastruktur investieren, um einen direkten Draht zum Bürger zu knüpfen.

Theoretisch gäbe es für die Piraten sogar eine Regierungsoption: Rechnerisch würde es für Rot-Rot-Orange reichen. Er könne nicht sagen, dass das ein Ziel sei, kommentierte Baum, dafür sei noch zu viel im Ungefähren. Im Fall der Fälle könnten sich die Piraten als unbequemer Koalitionspartner entpuppen. Baum sagte nämlich auch, er könne sich nicht vorstellen, dass es bei den Piraten einen Fraktionszwang geben wird.

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