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Berlin: Pizzaboten-Entführer ist wieder frei

Richter erließ Haftbefehl mit Haftverschonung / Täter wird Freiheitsberaubung vorgeworfen

Die Kripo ist sauer: Der Bereitschaftsrichter ließ in der Nacht zu Donnerstag Marc R. laufen. Der 37Jährige hatte Dienstagabend den 19 Jahre alten Pizzaboten Martin H. als Geisel genommen und ihn knapp zwei Stunden in seiner Gewalt. Wie berichtet, verlangte der Täter, in der Psychiatrie untergebracht zu werden. Das Spezialeinsatzkommando (SEK) hatte den Mann überwältigt. Das 19-jährige Opfer – Martin H. hatte sich als Schüler sein Taschengeld nebenher verdient – überstand das Drama unverletzt.

Die Kripo hatte einen Haftbefehl beantragt und Marc R. am Mittwochabend zum Haftrichter gebracht. Dieser erließ zwar einen Haftbefehl, setzte ihn aber gleich wieder außer Kraft. Anstatt in Untersuchungshaft zu sitzen, stand Marc R. Donnerstag früh gegen 1 Uhr auf der Straße. Nach Hause konnte er nicht, denn seine Wohnung galt noch als Tatort und war wegen der Spurensicherung von der Kripo noch gesperrt. Die Wohnungsschlüssel lagen bei den Fahndern an der Keithstraße. R. versuchte daraufhin noch in der Nacht, in der Psychiatrie des Evangelischen Herzberg-Krankenhaus in Lichtenberg aufgenommen zu werden, wurde nach Tagesspiegel-Informationen aber auch dort abgewiesen.

Die Staatsanwältin, die beim nächtlichen Termin im Landeskriminalamt zugegen war, zeigte sich mit dem Beschluss des Bereitschaftsrichters einverstanden. Die Begründung dafür hat sie gar nicht erst abgewartet, sie ging nach Hause: „Es war ja schon 1 Uhr nachts“, sagte sie. Der Haftrichter sagte dem Tagesspiegel sagte gestern zu seiner Entscheidung: „Es gibt Gründe, die ich im Interesse des Beschuldigten nicht in der Zeitung lesen möchte.“

Laut Justizsprecher Björn Retzlaff wird gegen Marc R. nicht wegen Geiselnahme ermittelt, sondern lediglich wegen Freiheitsberaubung. Zur Geiselnahme gehöre noch, dass der Täter Forderungen stelle. Das Verlangen, in die Psychiatrie eines Krankenhauses gebracht zu werden – wie in diesem Fall – reiche nicht aus. Freiheitsberaubung steht laut Retzlaff im Strafgesetzbuch auf gleicher Stufe mit Ladendiebstahl. Vorgesehen sind eine Geld- oder in schweren Fällen eine Haftstrafe bis zu fünf Jahren.

In dem Pizzaservice bleibt man weiterhin gelassen, Sicherheitsvorkehrungen wurden nicht getroffen: „Was sollte man denn machen?“, fragte der Geschäftsführer. „Wie hoch ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass so ein Spinner herumläuft?“ Man könne die Boten schließlich nicht bei jedem Auftrag mit einem Leibwächter losschicken.weso

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