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Eng ans Ufer gerückt. Ein 82 Meter hoher Turm darf auf dem Grundstück der BSR in Friedrichshain gebaut werden. Der Bezirk will das ändern, aber die landeseigene Firma verkauft das Areal mit bestehendem Baurecht.

© promo

Pläne fürs Spreeufer: City-Quartier statt Flusspromenade

Vor vier Jahren entschieden die Bürger sich für breitere Uferwege an der Spree – jetzt droht neuer Streit. Das zur Mediaspree gehörende BSR-Grundstück an der Holzmarktstraße wird meistbietend verkauft.

Zum vierten Jahrestag des Bürgerentscheids für freie Uferwege und eine weniger dichte Bebauung an den Spree-Ufern von Friedrichshain und Kreuzberg droht neuer Streit in der „Mediaspree“. Im Aufsichtsrat des Liegenschaftsfonds kam es dem Vernehmen nach jüngst zu einer „Kampfabstimmung“ zum bevorstehenden Verkauf des „Spreeurban“-Areals. Das Grundstück ist Eigentum der BSR, die wie der Liegenschaftsfonds im Eigentum des Landes ist. Deshalb wird der Ausgang dieses Grundstücksgeschäftes als Prüfstein gewertet, wie ernst es der Senat mit einer bürgerfreundlichen Gestaltung der Uferzonen und der versprochenen „neuen Liegenschaftspolitik“ meint.

Bisher sieht alles so aus, als ob weiter wie bisher stadtprägende Grundstücke mit großzügig ausgelegtem Baurecht an den Meistbietenden verkauft werden. Denn im Mai war das 18672 Quadratmeter große Areal im Angebot des Liegenschaftsfonds aufgetaucht. Im Exposé heißt es, zulässig seien ein 82 Meter hoher Turm nebst drei weiteren bis zu 36 Meter hohen, dicht bebauten Blöcken, die bis zu vier Meter an das Wasser heranrücken – die hübsch gelegene Brache würde so schlagartig in ein enges City-Quartier verwandelt.

Diese frühe Planung für das Areal stammt aus der Zeit, bevor das Bürgerbegehren zu einem Umdenken im Bezirk führte. Seither hat Bürgermeister Franz Schulz (Grüne) im Dialog mit der Initiative mit den meisten Eigentümern von Wassergrundstücken im Gebiet der Mediaspree Kompromisse ausgehandelt. So verzichtete die ebenfalls landeseigene Behala auf den Bau eines ähnlichen Turms auf ihrer Fläche an der Elsenbrücke. Die BSR lenkte bisher nicht ein. Im Bezirk heißt es, am 19. Juni habe man den Beschluss für eine veränderte Bauplanung für das Gebiet gefasst, die einen Tag später vom Bezirksparlament zur Kenntnis genommen worden sei und am 29. Juni im Amtsblatt veröffentlicht wurde. Doch das könnte zu spät sein.

Bildergalerie: So entwickelt sich das Mediaspree-Projekt:

Denn der Liegenschaftsfonds hatte das Grundstück mit dem alten Baurecht angeboten. Der Meistbietende kann getrost auf die Realisierung des zurzeit noch bestehenden Baurechts pochen – oder notfalls Schadensersatz vom Verkäufer fordern. Ähnliches war im Bezirk und in BSR-Kreisen in der Vergangenheit zu hören: Bei einer Änderung des Baurechts müsse der Bezirk mit Schadensersatzforderungen rechnen. Bei der BSR hieß es auf Anfrage: „Das Verfahren ist nicht abgeschlossen, es gibt mehrere Bieter“.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung würde eine größere Uferpromenade begrüßen, ist aber nicht zuständig. Beim Liegenschaftsfonds wollte sich niemand äußern. Für die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Grünen Antje Kapek wird an dem Beispiel deutlich, dass der Senat immer noch „die Politik der 90er Jahre“ weiterführe und landeseigene Flächen ohne Rücksicht auf soziale und stadtgestalterische Ziele meistbietend verkaufe. Dabei könne die Stadt gerade auf diesem Grundstück mit der Auswahl des besten Konzeptes Ernst machen mit der lange angekündigten neuen Liegenschaftspolitik.

Unter den Bietern ist auch eine Gruppe, die sich aus den früheren Zwischennutzern des Areals rekrutiert, die auch die Bar 25 betrieben. Diese wollen auf dem Areal Wohnungen durch eine Baugruppe errichten lassen, einen Club, Restaurant und Bar bauen, eine 24-Stunden-Kita bauen und einen Bürgerpark mit Anwohnergärten – kurzum, das Kulturdorf „Holzmarkt“ schaffen.

Dass ein Hochhaus mit Luxuswohnungen, privatem Gartenanteil und Steganlage für das Motorbötchen mehr Geld bringt als ein Bürgerpark, lässt sich leicht ausrechnen – deshalb dürften die Entwickler des Kulturdorfs Holzmarkt bei Weitem nicht so hohe Grundstückspreise geboten haben wie ein auf maximalen Ertrag ausgerichteter Investor. Dieses Kalkül könnte der kurzfristigen Ausschreibung des Areals im freien Bieterverfahren des Liegenschaftsfonds zugrunde gelegen haben, die dem Meistbietenden den Vorzug gibt – darum drehte sich dem Vernehmen nach der Streit im Aufsichtsrat. Nicht nur deswegen ziehen die Initiatoren des Bürgerentscheids und Mitglieder von „Mediaspree versenken!“ eine durchwachsene Bilanz nach vier Jahren: „Die Ergebnisse sind dürftig“, sagt Robert Muschinski. „Kleine Erfolge“ wie die frei zugänglichen Uferwege und „halb so hohe Hochhäuser“ stünden einer Entwicklung gegenüber, die viele Menschen aus dem Quartier verdränge und sie so „ihres Lebensmittelpunkts beraube“.

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