zum Hauptinhalt

Berlin: Politiker aller Couleur hofieren die Belegschaftsvertreter - und was ist nach dem 10. Oktober?

So hofiert werden Besetzer selten. Nachdem schon Politiker aller Couleur sie mit kämpferischen Reden bedacht hatten, wurde ihnen gestern sogar der Tisch mit Goldrandtellern gedeckt.

So hofiert werden Besetzer selten. Nachdem schon Politiker aller Couleur sie mit kämpferischen Reden bedacht hatten, wurde ihnen gestern sogar der Tisch mit Goldrandtellern gedeckt. Im Hof des Bundesarbeitsministeriums in der Jägerstraße warteten Gulaschsuppe und Mineralwasser auf die Besetzer der Alcatel-Kabelwerke in Neukölln, die sich gestern in einem Fahrradkorso zu einer Demonstration bei Arbeitsminister Walter Riester aufgemacht hatten. Seit nunmehr zehn Tagen halten rund 100 Beschäftigte die Fabrik besetzt, sie haben die Produktion zum Stillstand gebracht; von der IG Metall erhalten sie organisatorische Hilfe. Seit Montag vergangener Woche hat keine Kabeltrommel mehr das Betriebsgelände verlassen. Werksleitung sowie Teile des Vertriebs und der Verwaltung mussten in ein Hotelbüro ausweichen. Die Besetzer wollen erreichen, dass die französische Konzernleitung den Beschluss zur Schließung des Neuköllner Standorts zurücknimmt. Bisher gab es seitdem keine Verhandlungen zwischen Vertretern des Konzerns und der Arbeitnehmervertretung.

Natürlich versicherte Arbeitsminister Riester, der ehemalige IG-Metall-Spitzenfunktionär, den Protestlern seine Solidarität. Die Entscheidung des Konzerns sei nicht unter strukturellen, sondern strategischen Gesichtspunkten zu sehen. "Aber wenn ein Werk produktiv läuft so wie Alcatel in Neukölln, kann man eine solche strategische Entscheidung nicht akzeptieren", sagte Riester. Die Betriebsbesetzung nannte er eine "verzweifelte Aktion, wenn die Beschäftigten um ihre wettbewerbsfähigen Arbeitsplätze kämpfen". Zu einem solchen, relativ seltenen Mittel werde nicht gegriffen, wenn ein Betrieb nicht rentabel arbeite. Arbeitssenatorin Gabriele Schöttler - ebenfalls mit IG-Metall-Mitgliedsbuch - versicherte gestern: "Ihr habt die Unterstützung des gesamten Senats." In der vergangenen Woche hatte bereits der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen zu der Acatel-Belegschaft gesprochen. Sollte es in dieser Woche keine Bewegung zu Gesprächen mit den Arbeitgebern geben, wollen die Besetzerinnen und Besetzer am kommenden Montag mit einer Delegation zur Konzernzentrale nach Frankreich fahren.

sik

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false