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Immer mehr Bundesbedienstete arbeiten in Berlin..

© Lothar Knopp/Getty Images

Politische Zentren: Bonn bleibt Bonn und Berlin bleibt Berlin

Einen Komplettumzug aller Bundesministerien wird es auch in der nächsten Wahlperiode nicht geben. Der neue Koalitionsvertrag festigt die Rolle der alten Hauptstadt im Rheinland.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Am schönen Rhein, da freut man sich. Der Oberbürgermeister von Bonn, Ashok Sridharan (CDU) bedankte sich jetzt herzlich bei den Länderchefs von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, Armin Laschet (CDU) und Malu Dreyer (SPD), weil sie sich erfolgreich dafür eingesetzt haben, dass die Arbeitsteilung zwischen der Hauptstadt Berlin und der Bundesstadt Bonn für weitere vier Jahre zementiert wird. Einen Komplettumzug aller Bundesministerien nach Berlin, der vor allem an der Spree seit langem gefordert wird, soll es auch in der nächsten Wahlperiode nicht geben.

Denn im Entwurf für einen Koalitionsvertrag, auf den sich Union und SPD am 7. Februar geeinigt haben, heißt es: „Wir stehen zum Bonn-Berlin-Gesetz. Bonn bleibt das zweite bundespolitische Zentrum.“ Und was die Rheinländer noch mehr freut ist, dass Rot-Schwarz verspricht, mit den umliegenden Landkreisen, mit Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eine „vertragliche Zusatzvereinbarung“ zur Förderung Bonns abzuschließen.

Außerdem soll die schmucke Stadt am Rhein, die sich auch ohne Hauptstadtfunktion prächtig entwickelt hat, als Standort der Vereinten Nationen gestärkt werden. Die Berliner könnten das neidlos zur Kenntnis nehmen, wenn es nicht den Dauerstreit um die Frage gäbe, wie lange die Bundesministerien noch auf zwei Standorte verteilt bleiben sollen.

Bonner Lobby für Status Quo

Grundlage dieser teuren und ineffektiven Doppelstruktur ist das Bonn-Berlin-Gesetz, in dem 1994 eine „dauerhafte und faire Arbeitsteilung“ zwischen Berlin und Bonn festgelegt wurde. Verbunden mit der Zusicherung, dass der größte Teil der ministeriellen Arbeitsplätze in Bonn erhalten bleiben sollen.

Fast 28 Jahre nach der Vereinigung Deutschlands hat Bonn immer noch eine mächtige Lobby und kämpft erfolgreich darum, den Status Quo zu erhalten. Am doppelten Regierungssitz will offenbar auch die neue Große Koalition im Bund nicht rütteln. Trotz dieses hartnäckigen Widerstands kann Berlin nur langfristig auf die Macht der Tatsachen setzen.

Seit Jahren schon wirkt ein „Rutschbahneffekt“. Immer mehr Bundesbedienstete arbeiten in der deutschen Hauptstadt. Mit dem Ergebnis, dass seit Ende 2017 zwei Drittel aller Planstellen der insgesamt 14 Bundesministerien plus Kanzleramt in Berlin angesiedelt sind.

Das sind rund 2100 Stellen mehr als vor vier Jahren. Nur noch die Ministerien für Verkehr, Bildung und Forschung, Landwirtschaft und für Wirtschaftliche Zusammenarbeit haben in Bonn deutlich mehr Personal als Berlin. Das Gesundheitsministerium hat in der Bundesstadt am Rhein noch sechs Stellen Vorsprung.

Mitarbeiter bevorzugen Berlin gegenüber Bonn

Dieser Trend, der Berlin als Hauptstadt und Regierungssitz schrittweise stärkt, folgt keinem Naturgesetz, sondern dem politischen Willen des einen oder anderen Bundesministers. So hat der scheidende Innenminister Thomas de Maizière mit einem Neubau in der Nähe des Hauptbahnhofs deutlich mehr Platz für seine Beamten geschaffen.

Gleiches gilt für Erweiterungsgebäude des Auswärtigen Amtes am Werderschen Markt und für das Arbeits- und Sozialministerium an der Wilhelmstraße. Mitte Dezember war Richtfest für den Neubau, der 2019 übergeben wird. Auch das Gesundheitsministerium hat mit einem großen Neubau an der Mauerstraße ordentlich zugeschlagen, der 2020 fertig werden soll.

Weitere Pläne für Neubauten oder die Erweiterung von Ministerien, um Platz für mehr Bundesbeamte zu schaffen, liegen in den Schubladen. Aber solange die Bundesregierung mit Unterstützung einer breiten Mehrheit im Bundestag sich einem Komplettumzug verweigert, werden auch in den nächsten Jahren sechs Ministerien mit ihrem Erstsitz in Bonn bleiben – wenn auch mit immer weniger Personal.

In einem Statusbericht, der vor einem Jahr im Auftrag der Bundesregierung vorgelegt wurde, wird darauf hingewiesen, dass es zunehmend schwierig wird, die Mitarbeiter in Bonn zu halten. Berlin gilt auch für Bundesbeamte als attraktiverer Lebensort.

Berlin "als politisches Zentrum Deutschlands"

In Berlin stehen alle Parteien, von der Linken bis zur AfD, für eine vollständige Verlagerung der Bundesregierung vom Rhein an die Spree ein. Allerdings geht diese Forderung im politischen Alltag meist unter. Zuletzt befasste sich das Abgeordnetenhaus vor eineinhalb Jahren mit dem Thema, als Regierungschef Müller eine Regierungserklärung zu „25 Jahre Hauptstadt Berlin“ abgab.

Im Bundestag scheiterte die Linksfraktion ebenfalls 2016 mit einem Antrag für einen Komplettumzug nach Berlin am Widerstand aller anderen Parteien.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) wollte sich am Donnerstag nicht dazu äußern, dass auch der neue Koalitionsvertrag keine Bewegung in diese Frage bringen wird. Stattdessen erinnerte die Senatssprecherin Claudia Sünder daran, dass sich Berlin „als politisches Zentrum Deutschlands längst zu einer pulsierenden Metropole und zum Symbol für Freiheit und Demokratie“ entwickelt habe. Das sei eine Verantwortung, die Berlin selbstbewusst wahrnehme. Ansonsten gelte, was im Koalitionsvertrag im Bund gemeinsam verabredet worden sei.

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