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Berlin: Polizei befreite 13-Jährige aus vermüllter Wohnung

Mutter hatte ihre Tochter eingesperrt. Das Jugendamt kannte die Familie, erst der Vater eines Mitschülers schickte die Polizei nach Spandau

Das Mädchen war allein zu Hause – eingesperrt im Dreck. In der Wohnung, wo sie mit der Mutter wohnt, stapelten sich Müll, Essensreste, vergammelte Lebensmittel und Berge von Kleidung – so dokumentierte es die Polizei. Gestern Nachmittag haben Beamte die 13-Jährige aus der verwahrlosten Wohnung in Spandau befreit. Das Jugendamt hat das Kind in Obhut genommen. Gegen die 45-jährige Mutter wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verletzung der Fürsorgepflicht eingeleitet.

Der Vater eines Schulfreundes des Mädchens hatte die Polizei gerufen. Er habe dessen Schilderungen entnommen, dass die 13-Jährige vernachlässigt werde und die familiäre Situation „entgleist“, sagte der Mann den Beamten.

Vor der Wohnungstür sprachen die Polizisten durch den Briefschlitz mit dem Mädchen. „Sie sagte, dass sie die Wohnung verlassen will. Doch die Mutter hat sie eingeschlossen und ist zur Arbeit gegangen“, hieß es bei der Polizei. Durch den Briefschlitz hätten die Beamten auch Anzeichen von Verwahrlosung gesehen. Sofort riefen sie die allein erziehende Mutter an und alarmierten das Landeskriminalamt. Die Kripo-Beamten fuhren mit Mitarbeitern des Jugendamtes zur Wohnung und machten sich ein eigenes Bild. Der Bericht zeigt verheerende Zustände auf: So fanden die Beamten Lebensmittel mit einem Ablaufdatum von 1996. Zwischen dem vielen Unrat und den Essensresten existierten in einigen Räumen regelrechte „Trampelpfade“. Ein Zimmer sei so hoch mit Unrat zugestellt, dass es nicht mehr begehbar war. Das Bett des Kindes sei nur durch eine „Klettertour“ über den Müllberg erreichbar gewesen. Zudem sei die Wohnung „massiv mit Spinnen“ befallen gewesen. Das Mädchen habe angegeben, dass „große schwarze Käfer“ im Unrat lebten.

Die zuständige Jugendstadträtin Ursula Meys (SPD) sagte, dass die Familie beim Jugendamt bekannt sei. Allerdings nicht wegen Verwahrlosung, sondern „weil es Erziehungsprobleme gab“. Die Mutter habe sich an das Jugendamt gewandt: Hintergrund sei ein „Mutter-Tochter-Konflikt“, wie Meys es ausdrückte. Es habe offenbar Probleme zwischen den beiden gegeben, weil das Mädchen „in der Pubertät steckt“ und die Mutter damit nicht klar kam. Bislang hätten sich Mutter und Tochter zu Beratungsgesprächen auf dem Jugendamt eingefunden – das erste Mal im April 2005. „Von einer verwahrlosten Wohnung war uns nichts bekannt“, sagt Meys. Nun wohne das Mädchen bis auf weiteres in einer Krisenunterkunft – Mutter und Tochter hätten dem freiwillig zugestimmt. Die 13-Jährige mache einen „aufgeweckten und intelligenten Eindruck“, sagte Meys.

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