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Berlin: Polizei befürchtet Eskalation im Rockerkrieg

Nach Übertritten zwischen rivalisierenden Gruppen kamen Ermittler zur Krisensitzung zusammen

Potsdam / Berlin - In Eberswalde und am Tempelhofer Damm in Berlin klingeln ununterbrochen die Telefone. Erst am Donnerstag haben Spezialisten der Landeskriminalämter Brandenburg und Berlin zu einer Krisenkonferenz gerufen: Nach dem Übertritt von 70 Berliner Anhängern der Rockergruppe Bandidos zu den rivalisierenden Hells Angels befürchten Kenner eine Eskalation des Rockerkrieges. „Man muss mit Reaktionen rechnen“, heißt es offiziell. In Potsdam und Berlin observieren Ermittler die Vereinshäuser der Motorradclubs. Die größten Rockerbruderschaften – als dritte kommt der Gremium MC dazu – können in der Region jeweils zwischen 100 und 200 Leute mobilisieren. Der harte Kern sind je weniger als 50 Männer. Das Kräfteverhältnis hat sich nun jedoch deutlich zugunsten der Hells Angels verschoben.

Der Mitbegründer der deutschen Hells Angels, Rudolf „Django“ T., hat den Übertritt am Donnerstag bestätigt. „Die Männer sind bei den Bandidos ausgetreten und haben sich mit sofortiger Wirkung uns angeschlossen“, sagte T. am Donnerstag dem Tagesspiegel. „Die Neuen werden aber Teil der Hells Angels Türkei sein.“ Das habe nichts damit zu tun, dass die Ex-Rivalen Szenekennern zufolge von Centro-Chef Kadir P. geleitet werden und ein Großteil der Männer nichtdeutscher Herkunft ist. „Dass die Neuen der türkischen Sektion angehören, hat interne Gründe, über die ich nicht reden möchte“, sagte T. Die Berliner Ex-Bandidos, die als besonders militant gelten, fungieren nun als Sektion der türkischen Höllenengel in Deutschland. Die Überläufer stammen aus dem Chapter „El Centro“, der Bandidos-Dependance im Norden Berlins. Sie hatten sich mit den eigenen Vereinskameraden aus dem Süden der Hauptstadt gestritten – und sind jetzt dem Erzfeind beigetreten.

Allein 2009 gab es bei bundesweiten Auseinandersetzungen unter Rockern zwei Tote und Dutzende Schwerverletzte. Einige Rocker seien im Drogen- und Waffenhandel aktiv, sagen Ermittler. Es gehe auch um Schutzgeld. Die Männer kämpften um Türen lukrativer Lokale, weil sie als Einlasser bestimmen, welche Geschäfte dahinter stattfinden.

In Rockerkreisen wird gegenüber den Behörden geschwiegen. Zeugenaussagen sind selten. Im August 2009 wird in Berlin aus einem Auto heraus ein 33-Jähriger erschossen. Er soll von den Hells Angels zu den Bandidos übergelaufen sein. Gegen den bisher einzigen Tatverdächtigen spricht offenbar nicht viel, es reicht nicht mal für einen „dringenden Tatverdacht“. Im Januar ist bei Eberswalde ein 23-jähriger Anwärter der Hells Angels festgenommen worden: Er habe auf einen Bandido geschossen. Am Samstag haben Beamte in Berlin Beile, Messer und Schlagstöcke bei Rockern gefunden.

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