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Potsdam: Hängepartie am Griebnitzsee

Der Haushaltsausschuss des Bundestags erlaubt den Verkauf des Uferwegs an Potsdam – abgestimmt wird aber erst im Februar.

Im Millionenpoker am Griebnitzsee gibt es für Potsdam doch wieder eine Zitterpartie: Zwar passierte die Unterrichtungsvorlage des Bundesfinanzministeriums zum Verkauf der 51 für den öffentlichen Uferweg entscheidenden Grundstücke auf dem früheren Mauerstreifen am Mittwoch den Haushaltsausschuss des Bundestages. Der Bund kann damit jetzt den Notarvertrag mit der Stadt Potsdam abschließen, die 3,26 Millionen Euro und später aus Verkäufen von Teilflächen weitere 626 000 Euro an den Bund zahlen soll – somit im Gesamtpaket laut Vorlage das „wirtschaftlichste“ Gebot abgab. Aber der Ausschuss nahm entgegen allen Erwartungen die Vorlage nicht nur zur Kenntnis, sondern behält sich selbst eine Entscheidung vor.

Der Haushaltsausschuss beschloss einen Antrag der Koalition aus CDU/CSU und FDP, mit dem die Bundesregierung „aufgefordert“ wird, „den notariellen Kaufvertrag unter dem Vorbehalt abzuschließen, dass der Haushaltsausschuss zur abschließenden Gültigkeit des Kaufvertrages entschieden hat“. Das heißt, das Gremium will in seiner Sitzung am 9. Februar abschließend über den Verkauf befinden, der bundesweit Aufmerksamkeit verursacht. Begründet wurde dies mit der Bedeutung des Falls. Eigentlich sind Grundstücksgeschäfte des Bundes unter einer Wertgrenze von fünf Millionen Euro nicht zustimmungspflichtig. In Fällen von besonderem öffentlichen Interesse – wie am Griebnitzsee – sind Ausnahmen möglich. Die Hintergründe der Wendung sind unklar. Das Bundesfinanzministerium hatte darauf gesetzt, dass der Verkauf an Potsdam – mit einer Unterrichtung des Parlaments – ohne förmliche Zustimmung über die Bühne geht. Hinter den Kulissen hatte sich für den Zuschlag an die Landeshauptstadt auch die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, die Potsdamer CDU-Kreischefin Katherina Reiche eingesetzt. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) beunruhigt die Verzögerung dennoch nicht. „Zur Hälfte haben wir den Weg.“ Und der Kauf der Bundesgrundstücke sei der entscheidende Schritt zum öffentlichen Uferweg.

Unverständnis über die zusätzliche Hürde äußerte der SPD-Berichterstatter, der Thüringer SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider: Es gebe offenbar „ein Durcheinander zwischen Bundesregierung und den sie tragenden Fraktionen.“ So schaffe man „zusätzliche Verunsicherung“, schaffe „womöglich ein Prozessrisiko“ angesichts „der angespannten Lage vor Ort“. Auch die brandenburgische Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm (Bündnis 90/Grüne) bedauerte die „Hängepartie“, die „hoffentlich nur eine Formalie“ sei. Gegen einen Zuschlag an Potsdam haben Anrainer, die ihre Immobilien zu echten Wassergrundstücke machen wollen und den Uferweg über weite Teile gesperrt haben, bereits Klage angekündigt. Unterdessen beschloss das Potsdamer Stadtparlament am Mittwoch die Auslegung des neuen Bebauungsplans für das Areal, um den Uferweg am Griebnitzsee über die Gesamtlänge von 2,8 Kilometern durchzusetzen, notfalls auch mit Enteignungen. Nachdem ein früherer Bebauungsplan gekippt wurde, hat Potsdam nach den Hinweisen des Urteils den Zugriff auf Privateigentum auf 6300 Quadratmeter (vorher 16 500) reduziert.

Der Verein "Griebnitzsee für alle" begrüßte die Entwicklung in dem Streit um die ehemalige Strecke der DDR-Grenzpatrouille. „Unser Ziel ist es, die Geschichte dieses bedeutsamen historischen Pfades zu dokumentieren“, sagt die Mitbegründern Christiane Raffauf. An dem See befinden sich die einstigen Residenzen der Teilnehmer an der Potsdamer Konferenz sowie Villen von Filmstars und wenige erhaltene Mauerreste. „Hier gibt es nicht nur Wasser, sondern Geschichte im historischen Längsschnitt“, sagt die 50-jährige Raffauf. (mit dapd)

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