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Berlin: Potsdamer Beziehungen

Affäre um Kasernenverkauf in Krampnitz wird untersucht. Kaufpreis und Vertragskonditionen fragwürdig

Potsdam - In der Affäre um den Verkauf der Kasernen in Potsdam-Krampnitz unter der Verantwortung des früheren Finanzministers und heutigen Innenministers Rainer Speer (SPD) hat Brandenburgs Finanzministerium eine Überprüfung eingeleitet. „Wir untersuchen den gesamten Vorgang“, sagte Sprecherin Ingrid Mattern. Ergebnisse seien „nicht vor Mitte nächster Woche“ zu erwarten. Inzwischen werden immer mehr Details, Widersprüche und Merkwürdigkeiten bekannt, die den Verdacht erhärten, dass dem Land ein Schaden in Millionenhöhe und weitere Nachteile entstanden sind.

Da wäre der Kaufpreis. Brandenburg kassierte für das 112 Hektar große, frühere russische Kasernengelände 4,1 Millionen Euro. Auf 25 Millionen Euro bezifferte aber ein dem Tagesspiegel vorliegendes Gutachten den Wert, das ein vereidigter Sachverständiger aus Berlin nur drei Wochen nach dem Deal am 6. August 2007 im Auftrag der dänischen Thylander-Gruppe erstellte. Die Käufer machten ein Schnäppchen und versuchten nach einem Bericht des „Stern“ die Immobilie für 25 Millionen Euro weiter zu veräußern. Deren Gutachten ging zudem von realen Abbruch- und Entsorgungskosten über 2,3 Millionen Euro aus. Das Land hatte aber beim Kaufpreis einen Abschlag von vier Millionen Euro für Abbruch- und Abrissarbeiten gewährt.

Den Zuschlag für die Landesimmobilie hatte die „TG Potsdam“ erhalten, dem Haushaltsausschuss des Landtages als Tochter der dänischen Thylander Gruppe vorgestellt. Diese hatte angeblich mit fünf Millionen Euro das höchste Gebot abgegeben. Warum dann nur vier Millionen Euro flossen, ist unklar. Dem Vernehmen nach war ein Jahr später, im September 2008, der Kaufpreis immer noch nicht bezahlt.

Widersprüchlichkeiten gibt es auch im Zusammenhang mit den Verpflichtungen für den Neueigentümer der Immobilie. Diese liegt noch immer brach, obwohl die TG Potsdam eine 500-Millionen-Investition versprach: Nach dem Kaufvertrag ist sie allerdings nur zu einer Investition von fünf Millionen Euro verpflichtet und hat dafür Zeit bis zum Jahr 2023. Das steht wegen der geringen Summe – nach Abzug der Abrisskosten bleibt kaum etwas übrig – und des langen Zeitraums im Widerspruch zur langjährigen Verkaufspraxis der Brandenburgischen Bodengesellschaft (BBG). Diese setzte vor ihrer Privatisierung durch Speer im Jahr 2006 üblicherweise Fristen von fünf bis zehn Jahren. Als die private BBG die Immobilie verkaufte, war sie keine Landesfirma mehr. Sie verkauft aber weiter im Auftrag Brandenburgs frühere Militärflächen. Ihr Ende 2009 auslaufender Vertrag wurde im Vorjahr bis 2013 verlängert.

Bei all den Ungereimtheiten sind die personellen Verflechtungen auffällig, vor allem im Hinblick auf den Fußballverein SV Babelsberg 03. BBG-Eigentümer ist die Firma TVF Altwert mit Geschäftsführer Frank Marczinek. Er sitzt im Vorstand des Vereins unter Präsident Speer, genau wie der Unternehmensberater Thilo Steinbach, ebenfalls beteiligt am Krampnitz-Projekt. Steinbach verhandelte mit dem Potsdamer Rathaus über den Bebauungsplan für das Areal. Er vertrat beim Projekt – laut Unterlagen – das Potsdamer Planungsbüro Kock & Lünz des bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen Architekten Moritz Kock, das ein Entwicklungskonzept für die Immobilie in Krampnitz erstellte. Das Ingenieurbüro Kock & Lünz erhielt jüngst den Planungsauftrag für das Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion, das auf Grundlage eines Regierungsbeschlusses für acht Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II saniert wird. Bauherr ist der von Speer geführte Verein Babelsberg 03, für den Bau verantwortlich ist Vorstandsmitglied Marczinek. Thorsten Metzner

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