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Pro & Contra: Betreuungsgeld - gut oder schlecht?

Um die von der Bundesregierung geplante Unterstützung für zu Hause betreute Kinder ist heftiger Streit entbrannt. Ein Pro & Contra.

Pro

Väter und Mütter, die ihre Kinder bis zum dritten Lebensjahr lieber zu Hause erziehen anstatt sie in die Krippe oder zur Tagesmutter zu bringen, sind keine Rabeneltern. Das gilt es hier einmal festzuhalten im Streit um das Betreuungsgeld und angesichts der diffamierenden Unterstellung des Neuköllner Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky, arme Familien würden die sogenannte „Herdprämie“ ohnehin nur in der Kneipe versaufen und ihre Kinder verkommen lassen.

Nach dieser Argumentation müsste auch das Kindergeld abgeschafft werden, um dessen missbräuchliche Verwendung in Einzelfällen zu verhindern. Die große Mehrheit der Eltern jedoch, die sich für die häusliche Erziehung entscheidet, tut dies zum Wohl ihres Kindes. Diese Mütter und Väter unterbrechen dafür oft ihr Berufsleben und nehmen finanzielle Einbußen in Kauf. Ein Betreuungsgeld von 150 Euro reicht weder dazu aus, diese Einbußen noch den Aufwand für die Erziehung des Kindes auszugleichen – von den Nachteilen, die der zeitweise Ausstieg aus dem Erwerbsjob kostet, ganz zu schweigen.

Aber das Geld ist zumindest eine kleine Anerkennung für die Erziehungsleistung, die Eltern zu Hause erbringen. Mit 150 Euro können sich auch Väter und Mütter, die sonst nicht viel zum Leben haben, hin und wieder einen Babysitter leisten, um abends auch mal auszugehen – und sei es auf ein Glas Wein in die Kneipe. Stephan Wiehler

Contra

Nein, das Betreuungsgeld wird keinem Berliner Kind nützen. Mit Sicherheit nicht den Kindern aus bildungsfernen, sozial schwierigen Schichten, aber auch nicht dem Nachwuchs aus bildungsbürgerlichen Familien. Im ersteren Fall werden nun voraussichtlich mehr Kinder im anregungsarmen Milieu bleiben. Denn für die meisten ihrer Eltern, egal ob deutscher oder ausländischer Herkunft, ist das Betreuungsgeld eine goldene Verlockung: Sie werden es als zusätzliche Einnahme verbuchen und ihren Nachwuchs bis zu drei Jahren dafür zu Hause lassen. Das zementiert Erziehungsdefizite, ist integrationspolitisch rückwärts gewandt und schadet wie ein Querschläger den jahrelangen Bemühungen Berlins, allen Kindern einen Krippen- und Kitabesuch zu ermöglichen. Dieses Ziel ist aber heute wichtiger denn je, da die sozialen Probleme bis zur Verwahrlosung in vielen Berliner Familien durch die wachsende Armut stark zunehmen. Das zeigen die Erfahrungen aller Jugendämter.

Aber auch für die ein- bis dreijährigen Kinder gutbürgerlicher Familien ist der regelmäßige Besuch einer Krippe oder Tagesmutter eine wichtige soziale Gruppenerfahrung, die ihnen Mutti oder Papa alleine daheim gar nicht bieten kann. Wer schon früh lernt, Vertrauen auch zu anderen Menschen und Orten aufzubauen, wird sozial kompetenter, flexibler und selbstbewusster – wie wissenschaftliche Studien zeigen. Das gilt natürlich besonders für Einzelkinder und Kinder aus Kleinfamilien. Christoph Stollowsky

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