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© Thilo Rückeis

Pro & Contra: Senat setzt auf Kitas statt auf Eltern

Um die von der Bundesregierung geplante Unterstützung für zu Hause betreute Kinder ist heftiger Streit entbrannt. Sozialverbände und Politiker geißeln das Betreuungsgeld als rückschrittlich und kontraproduktiv. Der Deutsche Familienverband nannte das Betreuungsgeld hingegen einen "kleinen, aber wichtigen Schritt für Eltern, die ihr Kind in den ersten Lebensjahren zu Hause betreuen wollen.“ Ein Pro & Contra.

Im Koalitionsvertrag ist es nur ein einziger Satz, doch daran entzündet sich heftiger Streit: „Um Wahlfreiheit zu anderen öffentlichen Angeboten und Leistungen zu ermöglichen, soll ab dem Jahr 2013 ein Betreuungsgeld in Höhe von 150 Euro, gegebenenfalls als Gutschein, für Kinder unter drei Jahren als Bundesleistung eingeführt werden.“

Nun ging es los. Untauglich! Trifft genau die Falschen! Die Armen und Bildungsfernen werden zu Hause bleiben, dabei haben sie es am nötigsten! Und das Geld – wird doch nicht in den Geist investiert, höchstens in geistige Getränke. Neukölln Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) war außer sich und polterte im Tagesspiegel-Interview: „In der deutschen Unterschicht wird das Geld versoffen, und in der migrantischen Unterschicht kommt die Oma aus der Heimat zum Erziehen, wenn überhaupt. Das kann doch alles nicht wahr sein.“

Neben Kritik an seiner drastischen Sprache erntete Buschkowsky breite Zustimmung – hinter vorgehaltener Hand sogar aus der Berliner CDU. Auch Sozialverbände und Politiker lehnten das Betreuungsgeld mehrheitlich als rückschrittlich und kontraproduktiv ab. Einzig der Deutsche Familienverband nannte das Betreuungsgeld einen „kleinen, aber wichtigen Schritt für Eltern, die ihr Kind in den ersten drei Lebensjahren zu Hause betreuen wollen.“

Die in Berlin regierende rot-rote Koalition steuert in die entgegengesetzte Richtung, sie will bis 2013 die letzten drei Kita-Jahre gebührenfrei machen. Damit ist Berlin Vorreiter; im restlichen Bundesgebiet ist man von einer vergleichbaren Versorgung mit Kindergartenplätzen Lichtjahre entfernt. Dort herrscht auch eine günstigere Sozialstruktur. In Berlin aber leben Hunderttausende Familien von Hartz IV, über die Hälfte mit nur einem Elternteil. Viele Kinder mit Migrationshintergrund kommen ohne Deutschkenntnisse in die Schule. Früher Kitabesuch ist politisch gewollt, um soziale Unterschiede auszugleichen. „Wir brauchen gut ausgestattete Kitas und Bildung für alle“, sagt Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke). „Einen finanziellen Anreiz, die Kita nicht zu besuchen, lehnen wir ab.“ Udo Wolf, Linksfraktionschef im Abgeordnetenhaus, findet die Bundespläne schädlich: „Die Kinder sollen so früh wie möglich in eine Bildungseinrichtung wie die Kita, um die Sprache zu lernen, um soziales Verhalten in der Gruppe zu lernen.“

Im Haus von Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) befürchtet „fatale bildungs-, arbeitsmarkt- und gleichstellungspolitische Fehlanreize“. Veraltete Rollenmuster zwischen Männern und Frauen würden verfestigt und Kinder aus benachteiligten Familien erhielten schlechtere Bildungschancen. Aber sogar bei der Berliner CDU ist man skeptisch angesichts dessen, was sich die Bundespartei ausgedacht hat. „Wichtig ist, dass die Maßnahme am Ende ausschließlich den Kindern zugute kommt“, sagt Partei- und Fraktionschef Frank Henkel. „Wir werden uns deshalb dafür stark machen, dass sich die Bundesländer auch für Gutscheinmodelle entscheiden können. Solche Fördergutscheine können Bildungschancen sicherstellen, gerade in sozialen Brennpunkten.“ Das klingt so ähnlich wie bei Buschkowsky, nur vornehmer.

Pro & Contra:
Hier zur Argumentation.

Fatina Keilani

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