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Prozessbeginn: Afrikaner nach Schlägerei gelähmt – Angeklagten bestreiten strafrechtliche Verantwortung

Fast zwei Jahre nach dem folgenschweren Angriff auf einen Schwarzafrikaner müssen sich seit Freitag zwei Männer vor dem Berliner Landgericht verantworten. Den türkischstämmigen Angeklagten im Alter von 37 und 39 Jahren wird schwere Körperverletzung zur Last gelegt.

Im Oktober 2007 sollen sie nach einer Auseinandersetzung in der U-Bahn den damals 35-Jährigen am U-Bahnhof Hermannplatz aus dem Zug gezerrt und zusammengeschlagen haben. Der jüngere Angeklagte soll dem Mann dabei derart heftig in den Rücken getreten haben, dass er mit dem Kopf auf dem Bahnsteig aufschlug.

Das Opfer erlitt schwere Hirnverletzungen und lebt mittlerweile in einem Pflegeheim. Der heute 37-Jährige ist zu 80 Prozent gelähmt, sitzt im Rollstuhl und leidet unter schweren epileptischen Anfällen. Nach Angaben seiner Anwältin kann er sich an die Tat nicht erinnern. Zu Prozessbeginn haben die Angeklagten dazu geschwiegen. In früheren Aussagen hatten sie das Schicksal des Afrikaners bedauert, aber eine strafrechtliche Verantwortung bestritten.

Ihren Angaben nach kam es in der U-Bahn zu einem verbalen Streit, weil der 37-jährige Angeklagte versehentlich gegen den Fuß des späteren Opfers getreten war. Trotz einer Entschuldigung sei der Afrikaner sehr aggressiv gewesen und habe als erster zugeschlagen, hieß es. Dann sei dieser mit einer Bierflasche auf den 37-Jährigen losgegangen. Als er damit zuschlagen wollte, habe er „das Gleichgewicht verloren und sei gefallen“, hieß es. Der 39-jährige Mitangeklagte gab damals an, er habe die beiden nur trennen wollen, aber nicht geschlagen.

„Die Nebenklage sieht das anders“, betonte Opferanwältin Frauke Steuber. Auf dem Überwachungsvideo sei zwar nicht das Ende des Geschehens zu sehen, der Film zeige aber „eindeutig den Angriff zweier Männer auf den Schwarzafrikaner“. Hier habe die Aggressivität eindeutig auf der Seite der Angeklagten gelegen. Dafür gebe es auch Zeugen, sagte die Anwältin.

Zum mittlerweile vierten Mal wird der Fall vor einem Gericht verhandelt. Zuvor wurden die Verfahren jeweils vor dem Amtsgericht Tiergarten verhandelt, waren aber aus unterschiedlichen Gründen ausgesetzt worden. In einem Fall platzte der Prozess, weil eine Schöffin nicht erschien. In zwei weiteren Anläufen hielt die Richterin die Strafgewalt des Amtsgerichts im Falle einer Verurteilung nicht für ausreichend und gab den Fall daher ans Landgericht ab.

Für den Schwarzafrikaner war es der erste Auftritt vor Gericht. Bislang war er dazu gesundheitlich nicht in der Lage. In Begleitung seines Bruders wurde er im Rollstuhl sitzend und in eine Decke gehüllt in den Gerichtssaal gebracht. Die Narbe auf seinem kahl geschorenen Kopf ist bis heute deutlich sichtbar. Ihr Mandant sei infolge der Tat für den Rest seines Lebens geschädigt, sagte die Opferanwältin. Sie stellte daher zu Prozessbeginn den Antrag, die beiden Angeklagten auch zu einer Zahlung von mindestens 250 000 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld zu verurteilen. Der Prozess wird am 23. April fortgesetzt. (ddp)

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