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Update

Prozessbeginn im Fall Jonny K.: Angeklagter Onur U. weist Schuld von sich

Sieben Monate nach der Tat am Alexanderplatz stehen seit Montag sechs junge Männer vor Gericht. Der Hauptabgeklagte Onur U. wies alle Schuld von sich. Er habe mit dem Tod des 20-Jährigen nichts zu tun. Auch die Schwester von Jonny K. wohnt dem Prozess bei.

Der Saal 500 hat schon viele prominente Angeklagte gesehen: Vom Top-Terroristen Johannes Weinrich bis hin zu den Politikern Ost wie West beim Bankenskandal oder dem Politbüroprozess. Ab Montag müssen sich nun sechs junge Männer in diesem Hochsicherheitssaal verantworten. Um 9 Uhr begann der Prozess wegen des tödlichen Angriffs auf Jonny K. am Alexanderplatz. Die Tat vom Oktober 2012 hat Schlagzeilen wie kein anderes Tötungsdelikt der vergangenen Jahre gemacht, zunächst wegen der Brutalität der Tat und der Banalität des Anlasses, aber auch wegen der politischen Verwicklungen zwischen der Türkei und der Bundesrepublik um die Staatsangehörigkeit des Haupttatverdächtigen.

In der Verhandlung am Montag hat der Angeklagte Onur U. jegliche Schuld am Tod von Jonny K. von sich gewiesen. „Ich habe ihn weder geschlagen noch getreten“, hieß es am Montag in der persönlichen Erklärung des 19-Jährigen, die sein Anwalt Axel Weimann verlas. Er habe mit dem Tod des 20-Jährigen nichts zu tun, die anderen wollten alles auf ihn schieben, hieß es in der Erklärung weiter. Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage davon aus, dass Onur U. die treibende Kraft des Angriffs war.

Onur U. räumte in seiner Erklärung ein, in jener Nacht einen anderen Mann mit beiden Fäusten ins Gesicht geschlagen zu haben, als er nach einer Party auf dem Weg nach Hause gewesen sei. Die anderen, jetzt Mitangeklagten, habe er nur flüchtig oder gar nicht gekannt. Nachdem er von dem Mann weggezogen worden sei, sei er an jemand vorbeigekommen, den er zuvor nicht gesehen habe. „Der Junge lag da einfach nur - als ob er schlief.“ Der junge Mann beteuerte laut Erklärung, er bedauere den Tod von Jonny K., sei dafür aber nicht verantwortlich. Aus Angst vor einer Vorverurteilung sei er zudem so lange in der Türkei gewesen. Der Vorsitzende Richter Helmut Schweckendieck äußerte Zweifel.

Mehrere andere Angeklagte hätten bei der Polizei ausgesagt, Auslöser des Streits sei gewesen, dass Onur U. einen Stuhl weggestoßen habe, auf den Jonny K. und seine Begleiter einen betrunkenen Freund vor dem Lokal gesetzt hatten, um ein Taxi zu rufen. „Das klingt ein bisschen anders als das, was Sie gesagt haben“, so der Richter zu dem 19-Jährigen.

Die Schwester des Opfers, Tina K., tritt als Nebenklägerin auf. „Ich will wissen, wer schuld ist“, sagte die 28-Jährige vor Prozessbeginn. „Ich hoffe, dass das nie wieder passiert. Die Jungs sollen sagen, was passiert ist und sich nicht gegenseitig die Schuld geben.“

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, den 20-Jährigen Jonny K. durch Tritte gegen den Kopf so schwer verletzt zu haben, dass er einen Tag später an den Folgen starb. Jonny K. war attackiert worden, als er einem betrunkenen Freund helfen wollte. Den 19- bis 24-jährigen Angeklagten werden Körperverletzung mit Todesfolge, gefährliche Körperverletzung und Beteiligung an einer Schlägerei vorgeworfen. Der für eine Anklageerhebung wegen Mordes oder Totschlags erforderliche Tötungsvorsatz hatte sich weder durch die Obduktion noch durch die Ermittlungen bestätigt.

Die beiden Haupttatverdächtigen Onur U. und Bilal K. hatten sich kurz nach der Tat in die Türkei abgesetzt. Sie waren im März und April freiwillig zurückgekehrt, nachdem sich sogar die Kanzlerin eingeschaltet hatte. Die anderen vier waren im Oktober und November in Berlin festgenommen worden. (mit dpa)

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